Zur Einleitung der Behandlung 1913-003/1922
  • S.

    XXIV.

    WEITERE RATSCHLAGE ZUR TECHNIK DER
    PSYCHOANALYSE.)

    I. ZUR EINLEITUNG DER BEHANDLUNG.

    Wer das edle Schachspiel aus Büchern erlernen will,
    der wird bald erfahren, daß nur die Eröffnungen und End-
    spiele eine*erschöpfende systematische Darstellung gestatten,
    während die uniibersehbare Mannigfaltigkeit der nach der
    Eröffnung beginnenden Spiele sich einer solchen versagt.

    Eifriges Studium von Partien, in denen Meister mit einander
    gekämpft haben, kann allein dic Lücke in der Unterweisung
    ausfüllen, Ähnlichen Einschränkungen unterliegen wohl die
    Regeln, die man fiir die Ausübung der psychoanalytischen
    Behandlung geben kann.

    Ich werde im folgenden versuchen, einige dieser Regeln
    für die Einleitung der Kur zum Gebrauche des praktischen
    Analytikers zusammenzustellen, Es sind Bestimmungen dar-
    unter, die kleinlich erscheinen mögen und es wohl auch sind,
    Zu ihrer Entschuldigung diene, daß es eben Spielregeln sind,
    die ihre Bedeutung aus dem Zusammenhange des Spielplanes
    schöpfen müssen. Ich tue aber gut daran, diese Regeln als

    *) Intern. Zeitschr. für ärztl. Psychoanalyse, I, 1913.

  • S.

    à RATSCHLÄGE ZUR TECHNIK DER PSYCHOANALYSE. 41 3 |

    e“ auszugeben. und keine unbedingte Verbindlich-

    ir sie zu beanspruchen. Die außerordentliche Verschie-

    t der in Betracht kommenden psychischen Konstel-

    die Plastizität aller seelischen Vorgänge und der

    an determinierenden Faktoren widersetzen sich auch

    chanisierung der Technik und gestatten es, daB ein

    berechtigtes Vorgehen gelegentlich wirkungslos bleibt

    gewöhnlich fehlerhaftes einmal zum Ziele führt. -
    Verhältnisse hindern indes nicht, vin durchschnittlich

    iges Verhalten des Arztes festzustellen,

    ichtigsten Indikationen für die Auswahl der Kran-

    be ich bereits vor Jahren an anderer Stelle angegeben.

    ederhole sie darum hier nicht; sie haben unterdes die

    mung anderer Psychoanalytiker gefunden.%) Ich füge

    u, daß ich mich seither gewöhnt habe, Kranke, von

    h wenig weiß, vorerst nur provisorisch, für die Dauer

    Wochen, anzunehmen. Bricht man innerhalb dieser Zeit |
    part man dem Kranken den peinlichen Eindruck eines i
    lückten Heilungsversuches. Man hat eben nur eine . 4
    ung vorgenommen, um den Fall kennen zu lernen und
    entscheiden, ob er fiir die Psychoanalyse geeignet ist. zu
    dere Art der Erprobung als einen solchen Versuch i
    ma nicht zur Verfügung; noch so lange fortgesetzte

    rhaltungen und Ausfragungen in der Sprechstunde wür-

    einen Ersatz bieten. Dieser Vorversuch aber ist bereits

    ginn der Psychoanalyse und soll den Regeln derselben
    Man kann ihn etwa dadurch gesondert halten, daß

    ptsichlich den Patienten reden ЈАВЕ und ihm von |
    lårungen nicht mehr mitteilt, als zur Fortführung seiner
    g durchaus unerlaBlich ist, |
    er Psychotherapie, 1908.

  • S.

    SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    414

    Die Einleitung der Behandlung mit einer solchen fiir
    einige Wochen angesetzten Probezeit hat übrigens auch eine
    diagnostische Motivierung. Oft genug, wenn man eine Neu-
    rose mit hysterischen oder Zwangssymptomen vor sich hat,
    von nicht exzessiver Ausprägung und von kürzerem Bestande,
    also gerade solche Formen, die man als giinstig fiir die Be-
    handlung ansehen wollte, muß man dem Zweifel Raum geben.
    ob der Fall nicht einem Vorstadium einer sogenannten De-
    mentia praecox (Schizophrenie nach Bleuler, Paraphrenie
    nach meinem Vorschlage) entspricht und nach kiirzerer oder
    langerer Zeit ein ausgesprochenes Bild dieser Affektion zeigen
    wird. Ich bestreite es, daß es immer so leicht möglich ist,
    die Unterscheidung zu treffen, Ich weiß, daß es Psychiater
    gibt, die in der Differentialdiagnose seltener schwanken, aber
    ich habe mich überzeugt, daß sie ebenso häufig irren, Der
    Irrtum ist nur für den Psychoanalytiker verhängnisvoller als
    für den sogenannten klinischen Psychiater. Denn der letztere
    unternimmt in dem einen Falle so wenig wie in dem anderen
    etwas Ersprießliches; er läuft nur die Gefahr eines theo-
    retischen Irrtums und seine Diagnose hat nur akademisches
    Interesse. Der Psychoanalytiker hat aber im ungünstigen
    Falle einen praktischen Mibgriff begangen, er hat einen. ver-
    geblichen Aufwand verschuldet und sein. Heilverfahren dis-
    kreditiert. Er kann

    wenn der Kranke nic

    sein Heilungsversprechen nicht halten,

    ıt an Hysterie oder Zwangsneurose, son-

    deman Paraphrenie

    Icidet, und ‘hat darum besonders starke

    Motive, den diagnostischen Irrtum zu vermeiden, In einer

    Probebehandlung von
    Wahrnehmungen mac

    einigen Wochen wird er oft verdachtige
    hen, die ihn bestimmen können, den Ver-

    such nicht weiter fortzusetzen. Ich kann leider nicht be-

    haupten, daß ein so

    cher Versuch regelmäßig eine sichere

  • S.

    tscheidung ermöglicht; es ist nur eine gute Vorsicht

    Lange Vorbesprechungen vor Beginn der analytischen
    andlung, eine andersartige Therapie vorher, sowie friihere
    jekanntschaft zwischen dem Arzte und dem zu Analysieren-
    n haben bestimmte ungiinstige Folgen, auf die man vor-
    reitet sein muß. Sie machen nämlich, daß der Patient dem
    rate in einer fertigen Übertragungseinstellung gegenüber-
    t, die der Arzt erst langsam anfdecken muß, anstatt daß
    lie Gelegenheit hat, das Wachsen und Werden der Uber-
    ung von Anfang an zu beobachten. Der Patient hat so
    Zeitlang einen Vorsprung, den man ihm in der Kur nur
    rn gönnt.

    Gegen alle die, welche die Kur mit einem Aufschube
    nen wollen, sei man mifitrauisch. Die Erfahrung zeigt,
    ie nach Ablauf der vereinbarten Frist nicht eintreffen,
    ch wenn die Motivierung dieses Aufschubes, also die Ra-
    onalisicrung des Vorsatzes, dem Uneingeweihten tadellos er-

    Besondere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn zwischen
    ‏ה‎ Arzté und dem in die Analyse eintretenden Patienten

    r deren Familien freundschaftliche oder gesellschaftliche

    y Über das Thema dieser diagnostischen Unsicherheit, über die
    meen der Analyse bei leichten Formen von Paraphrenie und über die
    ündung der Ähnlichkeit beider Affektionen wire sehr viel zu sagen,
    ich in diesem Zusammenhange nicht ausführen kann. Gern würde
    ı nach Jungs Vorgang Hysterie und Zwangsneurose als „U bertra-
    ng n e u rose 11“ den paraphrenischen Affektionen als ,Introver-
    neurosen" gegeniiberstellen, wenn bei diesem Gebrauch der
    iff der ,,Introversion* (der Libido) nicht seinem einzig berechtigten
    inne entfremdet würde,

  • S.

    416 SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    des in Behandlung nehme, darf sich darauf vorbereiten, daß
    ihn das Unternehmen, wie immer es ausgehe, die Freund-
    schaft kosten wird. Er muß doch das Opfer bringen, wenn
    er nicht einen vertrauenswürdigen Vertreter stellen kann.
    Laien wie Ärzte, welche die Psychoanalyse immer noch
    gern mit einer Suggestivbchandlung verwechseln, pflegen
    hohen Wert auf die Erwartung zu legen, welche der Patient
    der neuon Behandlung entgegenbringt. Sic meinen oft, mit
    dem einen Kranken werde man nicht viel Mühe haben, denn
    er habe cin großes Zutrauen zur Psychoanalyse und sei von
    ihrer Wahrheit und ihrer Leistungsfähigkeit voll überzeugt.
    Bei cinem anderen werde es wohl schwerer gehen, denn er
    verhalte sich skeptisch und wolle nichts glauben, ehe er nicht
    den Erfolg an seiner eigenen Person geschen habe, In Wirk-
    lichkeit hat aber diese Einstellung des Kranken eine recht

    geringe Bedeutung; sein vorlåufiges Zutrauen oder Mißtrauen
    kommt gegen die inneren Widerstånde, welche die Neurose
    verankern, kaum in Betracht. Die Vertrauensseligkeit des
    Patienten macht ja den ersten Verkehr mit ihm recht an- `

    genehm; man dankt ihm für sie, bereitet ihn aber darauf
    vor, daf seine giinstige Voreingenommenheit an der ersten
    in der Behandlung auftauchenden Schwierigkeit zerschellen
    wird. Dem Skeptiker sagt man, daß die Analyse kein Ver-
    trauen braucht, daB er so kritisch und miBtrauisch sein dürfe,
    als ihm beliebt, daß man seine Einstellung gar nicht auf die
    Rechnung seines Urteils setzen wolle, denn er sei ja nicht
    in der Lage, sich ein verläfliches Urteil über diese Punkte zu
    bilden; вет MiBtraucn sei eben cin Symptom wie seine an-
    deren Symptome, und es werde sich nicht störend erweisen,
    wenn er nur gewissenhaft befolgen. wolle, was die Regel der
    Behandlung von ihm fordere,

  • S.

    TEITERE RATSCHLAGE ZUR TECHNIK DER PSYCHOANALYSE. 417

    er mit dem Wesen der Neurose vertraut ist, wird nicht
    taunt sein zu hören, daß auch derjenige, der sehr wohl
    gt ist, die Psychoanalyse an anderen auszuiiben, sich
    hmen kann wie ein anderer Sterblicher und die inten-
    ten Widerstände zu produzieren im stande ist, sobald er
    zum Objekte der Psychoanalyse gemacht wird. Man
    mmi dann wieder einmal den Eindruck der psychischen
    endimension und findet nichts Überraschendes daran, daß
    Neurose in psychischen Schichten wurzelt, bis zu denen
    analytische Bildung nicht hinabgedrungen ist. ⑧
    Wichtize Punkte zu Beginn der analytischen Kur sind
    Bestimmungen über Zeit und Geld. ·s
    In betreff der Zeit befolge ich ausschließlich das Prin-
    des Vermielens einer bestimmten Stunde. Jeder Patient
    t eine gewisse Stunde meines verfügbaren Arbeitstages
    Cwiesen; sie ist die seine und er bleibt für sie haftbar,
    wenn er sie nicht benützt. Diese Bestimmung, die für
    Musik- oder Sprachlehrer in unserer guten Gesellschaft
    selbstverstindlich gilt, erscheint beim Arzte vielleicht hart
    r selbst standesunwürdig. Man wird geneigt sein, auf die
    elen Zufállickeiten hinzuweisen, die den Patienten hindern
    jen, jedesmal zu derselben Stunde beim Arzte zu er-
    heinen, und: wird verlangen, daß den zahlreichen interkur-
    ten Erkrankungen Rechnung getragen werde, die im Ver-
    einer längeren analytischen Behandlung vorfallen können.
    n meine Antwort ist: es geht nicht anders. Bei milderer
    häufen sich die „gelegentlichen“ Absagen so sehr, daß
    Arzt seine materielle Existenz gefáhrdet findet. Bei stren-
    Einhaltung dieser Bestimmung stellt sich dagegen heraus,
    ; hinderliche Zufålligkeiten überhaupt nicht vorkommen
    interkurrente Erkrankungen nur sehr selten. Man kommt

    eud, Neurosenlebre. IV. a 27

  • S.

    418 SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    kaum je in die Lage, eine Mufe zu genießen, deren man sich
    als Erwerbender zu schåmen håtte; man kann die Arbeit
    ungestört, fortsetzen und entgeht der peinlichen, verwirren-
    den Erfahrung, daB gerade dann immer eine unverschuldete
    Pause in der Arbeit eintreten muß, wenn sie besonders wichtig
    und inhaltsreich zu werden versprach. Von der Bedeutung
    der Psychogenie im täglichen Leben der Menschen, von der
    Häufigkeit der ,,Schulkrankheiten“ und der Nichtigkeit des
    Zufalles gewinnt man erst eine ordentliche Uberzeugung, wenn
    man einige Jahre hindurch Psychoanalyse betrieben hat unter
    strenger Befolgung des Prinzips der Stundenmiete. Bei un-
    zweifelhaften organischen Affektionen, die durch das psy”
    chische Interesse doch nicht ausgeschlossen werden können,
    unterbreche ich die Behandlung, halte mich für berechtigt,
    die frei gewordenc Stunde anders zu vergeben, und nchme
    den Patienten wieder auf, sobald er hergestellt ist, und ich
    eine andere Stunde frei bekommen habe.

    Ich arbeite mit meinen Patienten täglich mit Ausnahme
    der Sonntage und der großen Festtage, also für gewöhnlich
    sechsmal. in der Woche. Für leichte Fälle oder Fortsetzun-

    gen von weit gediehenen Behandlungen reichen auch drei
    Stunden wöchentlich aus. Sonst bringen Einschränkungen
    an Zeit weder dem Arzte noch dem Patienten Vorteil; für

    den Anfang sind sie ganz zu verwerfen. Schon durch kurze
    Unterbrechungen wird dic Arbeit immer ein wenig verschüttet ;
    wir pflegten scherzhaft von einer „Montagskruste* zu spre--
    chen, wenn wir nach der Sonntagsruhe von neuem begannen;
    bei seltener Arbeit besteht die Gefahr, daß man mit dem
    realen Erleben des Patienten nicht Schritt halten kann, daß
    die Kur den Kontakt mit der Gegenwart verliert und auf
    Seitenwege gedrängt wird. Gelegentlich trifft man auch auf

  • S.

    widmen muß, weil sie den größeren Teil einer Stunde
    mehen, um aufzutauen, überhaupt mitteilsam zu werden.
    Eine dem Arzte unlichsame Frage, die der Kranke zu

    n Anfange an ihn richtet, lautet: Wie lange Zeit wird |
    handlung dauern? Welche Zeit brauchen Sic, um mich | 3
    einem Leiden zu befreien? Wenn man eine Probebehand- |
    on einigen Wochen vorgeschlagen hat, entzieht man 2 3

    irekten Beantwortung dieser Frage, indem man ver- -
    nach Ablauf der Probezeit eine .zuverlåssigere Aus-
    eben zu können. Man antwortet gleichsam wie der
    ler Fabel dem Wanderer, der nach der Lange des Weges :
    mit der Aufforderung: Geh, und erläutert den Bescheid 38
    e Begründung, man müsse zuerst den Schritt des 。 |

    derers kennen lernen, ehe man die Dauer seiner Wan-
    y berechnen könne. Mit dieser Auskunft hilft man sich .
    ie ersten Schwierigkeiten hinweg, aber der Vergleich
    cht gut, denn der Neurotiker kann leicht sein Tempo

    dern und zu Zeiten nur sehr langsame Fortschritte ma-
    Die Frage nach der voraussichtlichen Dauer der Be-

    ung ist in Wahrheit kaum zu beantworten,

    Die Einsichtslosigkeit der Kranken und die Unaufrich-
    er Arzte vereinigen sich zu dem Effekt, an die Ana- ⑥
    die maBlosesten Ansprüche zu stellen und ihr dabei die öğ
    te Zeit einzuräumen. Ich teile z. B. aus dem Briefe
    Dame in Rußland, der vor wenigen Tagen an mich ge-
    ① ist, folgende Daten mit. Sie ist 33 Jahre alt, seit

    ig. „Behandlung in mehreren Nervenheilanstalten“ -
    nicht vermocht, ihr ein „aktives Leben“ zu ermåg-
    Sie hofft durch die Psychoanalyse, über die sie ge
    ⑧ ‏לה‎

  • S.

    420 SCHRIFTEN ZUR UROSENLEHRE. 1V.

    lesen hat, ganz geheilt zu werden. Aber ihre Behandlung hat
    ihrer Familfe schon so viel gekostet, daß sie keinen län-
    geren Aufenthalt in Wien nehmen kann als sechs Wochen
    oder zwei Monate. Dazu kommt die Erschwerung, daß sie
    sich von Anfang an nur schriftlich „deutlich machen“ will,
    denn Antasten ihrer Komplexe würde bei ihr eine Explosion
    hervorrufen oder sie „zeitlich verstummen lassen“. — Nier
    mand würde sonst erwarten, daß man einen schweren Tisch
    mit zwei Fingern heben werde wie einen leichten Schemel,
    oder daß man ein großes Haus in derselben Zeit bauen könne
    wie ein Holzhüttchen, doch sowie es sich um die Neurosen
    handelt, die in den Zusammenhang des menschlichen Denkens
    derzeit noch nicht eingereiht scheinen; vergessen selbst in-
    telligente Personen an die notwendige Proportionalität zwi-

    schen Zeit. Arbeit und Erfolg. Übrigens eine begreifliche
    Folge der tiefen Unwissenheit über die Ätiologie der Neu-
    rosen, Dank dieser Ignoranz ist ihnen die Neurose eine Art
    „Mädchen aus der Fremde“, Man wußte nicht, woher sie
    kam, und ‚darum erwartet man, daß sie eines Tages ent-
    schwunden sein wird.

    Die Ärzte unterstützen diese Vertrauensseligkeit; auch
    wissende unter ihnen schätzen häufig die Schwere der neu-
    rotischen Erkrankungen nicht ordentlich ein. Ein befreundeter
    Kollege, dem ich es hoch anrechne, daß er sich nach meh-
    reren Dezennien wissenschaftlicher Arbeit auf anderen Vor-
    aussetzungen zur Würdigung der Psychoanalyse bekehrt hat,
    schrieb mir einmal: Was uns nottut, ist eine kurze, bequeme,
    ambulatorische Behandlung der Zwangsneurosen. Ich konnte
    damit nicht dienen, schåmte mich und suchte mich mit der
    Bemerkung zu entschuldigen, daß wahrscheinlich auch die
    Internisten mit einer Therapie der Tuberkulose oder des Kar-

  • S.

    alyse immer um lange Zeiträume, halbe oder ganze Jahre,
    gere, als der Erwartung des Kranken entspricht. Man
    daher die Verpflichtung, dem Kranken diesen Sachverhalt
    eröffnen, ehe er sich endgültig für die Behandlung ent-
    hlieBt. Ich halte es überhaupt für wiirdiger, aber auch für
    ckmäfiger, wenn man ihn, ohne gerade auf seine Ab-
    eckung hinzuarbciten。 doch von vornherein auf die Schwie-
    ‘keiten und Opfer der analytischen Therapie aufmerksam
    ht und ihm so jede Berechtigung nimmt, später einmal
    behaupten, man habe ihn in die Behandlung, deren Um-
    und Bedeutung er nicht gekannt habe, gelockt. Wer
    ch durch solche Mitteilungen abhalten läßt, der hatte sich
    åter doch als unbrauchbar erwiesen. Es ist gut, eine der-
    ze Auslese vor dem Beginne der Behandlung vorzunehmen,
    t dem Fortschritte der Aufklirung unter den Kranken
    list doch die Zahl derjenigen, welche diese erste Prove

    Ich lehne es ab, die Patienten auf eine gewisse Dauer

    aber nicht, daß ein Abbruch nach kurzer Arbeit keinen
    lg zurücklassen wird, und ihn leicht wie eine unvoll-

    an. In den ersten Jahren meiner psychoanalytischen Tåtig-
    i fand ich die größte Schwierigkeit, die Kranken zum Ver-
    en zu bewegen; diese Schwierigkeit hat sich längst ver
    hoben, ich muß jetzt ängstlich bemüht sein, sie auch zum

    Um es direkter zu sagen, es handelt sich bei der Psy- .

    ‘Ausharrens in der Behandlung zu verpflichten, gestatte ,

  • S.

    SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    - Die Abkürzung der analytischen Kur bleibt ein berech-
    , tigter Wunsch, dessen Erfüllung, wie wir hören werden, auf
    verschiedenen Wegen angestrebt wird. Es steht ihr leider
    ein sehr bedeutsames Moment entgegen, die Langsamkeit,
    mit der sich tiefgreifende seelische Veränderungen vollziehen,
    in letzter Linie wohl die ‥Zeitlosigkeit“ unserer unbewußten
    Vorgänge, Wenn die Kranken vor die Schwierigkeit des gro-
    Den Zeitaufwandes für die Analyse gestellt werden, so wissen
    sie nicht selten ein gewisses Auskunftsmittel vorzuschlagen.
    Sie teilen ihre Beschwerden in solche ein, die sie als uh-
    erträglich, und andere, die sie als nebensáchlich beschreiben,
    und sagen: Wenn sie mich nur von dem einen (z. B. dem
    Kopfschmerz, der bestimmten Angst) befreien, mit dem an-
    deren-will ich schon selbst im Leben fertig werden. Sie über-


    schätzen aber dabei die elektive Macht der Analyse. Gewil
    vermag der analyfische Arzt viel, aber er kann nicht genau

    bestimmen, was er zu stande bringen wird. Er leitet einen
    Prozeß ein, den der Auflösung der bestehenden Verdrångun-
    gen, er kann ibn überwachen, fördern, Hindernisse aus dem
    Wege råumen, gewiB auch viel an ihm verderben. Im ganzen
    aber geht der einmal eingeleitete ProzeB seinen eigenen Weg
    und läßt sich weder seine Richtung noch die Reihenfolge
    der Punkte, die er angreift, vorschreiben, Mit der Macht
    des Analytikers über die Krankheitserscheinungen steht 5
    also ungefähr. so wie mit der männlichen Potenz. Der kräf-
    tigste Mann kann zwar ein ganzes Kind zeugen, aber nicht
    im weiblichen Organismus einen Kopf allein, einen Arm oder
    ein Bein entstehen lassen; er kann nicht einmal über das
    Geschlecht des Kindes bestimmen. Er leitet eben auch nur
    einen höchst verwickelten und durch alte’ Geschehnisse deter-

    minierten Prozeß ein, der mit der Lösung des Kindes von der

  • S.

    ndet, Auch die Neurose eines Menschen besitzt die
    ere eines Organismus, ihre Teilerscheinungen sind-nicht
    ngig voneinander, sie bedingen einander, pflegen sich

    eitig zu stützen; man leidet immer nur an einer Neu-
    cht an mehreren, die zufällig in einem Individuum.
    ngetroffen sind. Der Kranke, den man nach seinem |
    e von dem einen unerträglichen Symptome befreit hat,
    leicht die Erfahrung machen, daß nun ein bisher mildes : .
    om sich zur Unerträglichkeit steigert. Wer überhaupt
    olg von seinen suggestiven (d. h. Ubertragungs-) Be-
    en móglichst ablósen will, der tut gut daran, auch
    puren elektiver Beeinflussung des Heilerfolges, die
    te etwa zustehen, zu verzichten. Dem Psychoana-
    müssen diejenigen Patienten am liebsten sein, welche
    Gesundheit, soweit sie zu haben ist, von ihm for-
    nd ihm so viel Zeit zur Verfügung stellen, als der
    der Herstellung verbraucht. Natürlich sind so gün-
    gungen nur in wenig Fällen zu erwarten.

    chste Punkt, über den zu Beginn einer Kur ent-
    werden soll, ist das Geld, das Honorar des Arztes,
    iker stellt nicht in Abrede, daß Geld in erster

    3 Mittel zur Selbsterhaltung und Machtgewinnung zu
    hten ist, aber er behauptet, daß mächtige sexuelle Fak-
    in der Schätzung des Geldes mitbeteiligt sind. Er kann
    in darauf berufen, daB Geldangelegenheiten von den
    schen in ganz ähnlicher Weise behandelt werden
    uelle Dinge, mit derselben Zwicspåltigkeit, Prüderie .
    helei. Er ist also von vornherein entschlossen, dabei
    iun, IRE epu en mit de namlichen

  • S.

    SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    will. Er beweist ihm, daB er selbst eine falsche Scham ab-
    gelegt hat, indem. er unaufgefordert mitteilt, wie er seine
    Zeit einschåtzt. Menschliche Klugheit gebietet dann, nicht
    groBe Summen zusammenkommen zu lassen, sondern nach’
    kürzeren regelmäßigen Zeiträumen (etwa monatlich) Zahlung
    zu nehmen. (Man erhöht, wie bekannt, die Schätzung der
    Behandlung beim Patienten nicht, wenn man sie sehr wohl-
    feil gibt.) Das ist, wie man weiß, nicht die gewöhnliche
    Praxis des Nervenarztes oder des Internisten in unserer euro-
    påischen Gesellschaft. Aber der Psychoanalytiker darf sich
    in die Lage des Chirurgen versetzen, der aufrichtig und kost-
    spielig ist, weil er über Behandlungen verfügt, welche helfen
    können. Ich meine, es ist doch würdiger und ethisch un-
    bedenklicher, sich zu seinen wirklichen Ansprüchen und Be-
    dürfnissen zu bekennen, als, wie es jetzt noch unter Ärzten
    gebräuchlich ist, den uneigennützigen Menschenfreund zu agie-
    ren, dessen Situation einem doch versagt ist, und sich dafür
    im Stillen über die Rücksichtslosigkeit und die Ausbeutungs-
    sucht der Patienten zu grimen oder laut darüber zu schimpfen.
    Der Analytiker wird für seinen Anspruch auf Bezahlung noch
    geltend machen, daß er bei schwerer Arbeit nie so viel er-
    werben kann wie andere medizinische Spezialisten,

    Aus denselben Gründen wird er es auch ablehnen dür-
    fen, ohne Honorar zu behandeln, und auch zu Gunsten der
    Kollegen oder ihrer Angehörigen keine Ausnahme machen.
    Die letzte Forderung scheint gegen die ärztliche Kollegialität

    zu verstoßen; man halte sich aber vor, daß eine Gratisbe-

    handlung für den Psychoanalytiker weit mehr bedeutet als
    für jeden anderen, nämlich die Entziehung eines ansehnlichen
    Bruchteiles seiner für den Erwerb verfügbaren Arbeitszeit
    (eines Achtels, Siebentels u. dgl.) auf die Dauer von vielen

  • S.

    Wirkung eines

    schweren traumatischen Unfalles

    fragt sich dann, ob der Vorteil für den Kranken
    fer des Arztes einigermaßen aufwiegt. Ich darf mir

    n Urteil darüber zutrauen, denn ich habe durch etwa

    e täglich eine Stunde, zeitweise auch zwei, Gratis-
    lungen gewidmet, weil ich zum Zwecke der Orien-

    in’ der Neurose möglichst widerstandsfrei arbeiten
    Ich fand dabei die Vorteile nicht, die ich suchte.
    der Widerstànde des Neurotikers werden durch die

    andlung enorm gesteigert, so beim jungen Weibe
    suchung, die in der Übertragungsbeziehung enthalten

    m jungen Manne das aus dem Vaterkomplex stammende
    gegen die Verpflichtung der Dankbarkeit, das zu
    rigsten Erschwerungen der ärztlichen Hilfeleistung
    Der Wegfall der Hegulierung, die doch durch die
    an den Arzt gegeben ist, macht sich sehr peinlich
    das ganze Verhältnis rückt aus der realen Welt
    ein gutes Motiv, die Beendigung der Kur anzustre-
    rd dem Patienten entzogen.

    Man kann der asketischen Verdammung des Geldes ganz
    en und darf es doch bedauern, daf die analytische
    pie aus äußeren wie aus inneren Gründen den Armen
    zugänglich ist. Es ist wenig dagegen zu tun. Vielleicht
    viel verbreitete Behauptung recht, daß der weniger
    er Neurose verfällt, wer durch die Not des Lebens
    r Arbeit gezwungen ist. Aber ganz unbestreitbar
    E Erfahrung da, daß der Arme, der einmal — |
    urose zu stande gebracht hat, sich dieselbe nur sehr ||

    E

  • S.

    SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    schwer entreifen läßt. Sie leistet ihm zu gute Dienste im
    Kampfe um dic Sclbstbehauptung; der sekundäre Krankheits-
    gewinn, den sie ihm bringt, ist allzu bedeutend. Das Er-
    barmen, das die Menschen seiner materiellen Not versagt
    haben, beansprucht er jetzt unter dem Titel seiner Neurose
    und kann sich von der Forderung, seine Armut durch Arbeit
    zu bekämpfen, selbst freisprechen. Wer die Neurose eines
    Armen mit den Mitteln der Psychotherapie angreift, macht
    also in der Regel die Erfahrung, daß in diesem Falle eigent-
    lich eine Aktualtherapie ganz anderer Art von ihm gefordert
    wird, eine Therapie, wie sie nach der bei uns heimischen
    Sage Kaiser Josef II. zu üben pflegte. Natürlich findet man
    doch gelegentlich wertvolle und ohne ihre Schuld hilflose
    Menschen, bei denen die unentgeltliche Behandlung nicht
    auf die angeführten Hindernisse stößt und schöne Erfolge
    erzielt.

    Für den Mittelstand ist der für die Psychoanalyse be-

    nôtigte Geldaufwand nur scheinbar ein übermâbiger. Ganz
    abgesehen davon, daß Gesundheit und Leistungsfähigkeit einer-
    seits, ein mäßiger Geldaufwand anderseits überhaupt inkom-
    mensurabel sind: wenn man die nie aufhörenden Ausgaben
    für Sanatorien und ärztliche Behandlung zusammenrechnet
    und ihnen die Steigerung der Leistungs- und Erwerbsfåhig-
    keit nach glücklich beendeter analytischer Kur gegenüber-
    stellt, darf man sagen, daß die Kranken einen guten Handel
    gemacht haben. Es ist nichts Kostspieligeres im Leben als
    die Krankheit und — die Dummheit.

    Ehe ich diese Bemerkungen zur Einleitung der analyti-
    schen Behandlung beschliebe, noch ein Wort über ein ge-
    wisses Zeremoniell der Situation, in welcher die Kur aus-
    geführt wird. Ich halte an dem Rate fest, den Kranken auf

  • S.

    istorischen Sinn, sie ist der Rest der hypnotischen

    ung, aus welcher sich die Psychoanalyse entwickelt

    verdient aber aus mehrfachen Griinden festgehalten

    en. Da ich mich während des Zuhôrens selbst dem
    uf meiner unbewuBten Gedanken überlasse, will ich nicht,

    eine Mienen dem Patienten Stoff zu Deutungen geben

    r ihn in seinen Mitteilungen beeinflussen. Der Patient

    “ibm aufgezwungene Situation gewöhnlich als Ent-
    g auf und stråubt sich gegen sie, besonders wenn der
    eb (das Voyeurtum) in seiner Neurose eine bedeu-

    ‘Rolle ‚spielt. Ich beharre aber auf dieser MaBregel,

    -verhüten, die Übertragung zu isolieren, und sie zur Zeit
    "

    iderstand scharf umschrieben hervortreten zu lassen.

  • S.

    428 SCHRIFTEN,ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    tienten, Jedenfalls aber so, daß man den Patienten erzählen
    lågt und ihm die Wahl des Anfangspunktes frei stellt. Man
    sagt ihm also: Ehe ich Ihnen etwas sagen kann, muß ich
    viel iiber Sie erfahren haben; bitte teilen Sie mir mit, was
    Sie von sich wissen.

    Nur fiir die Grundregel der psychoanalytischen Technik,
    die der Patient zu beobachten hat, macht man eine Aus-
    nahme. Mit dieser macht man ihm von allem Anfang an
    bekannt: Noch eines, ehe Sie beginnen, Thre Erzählung soll
    sich doch in einem Punkte von einer gewöhnlichen Kon-
    versation unterscheiden, Während Sie sonst mit Recht ver-
    suchen, in Threr Darstellung den Faden des Zusammenhanges
    festzuhalten und alle störenden Einfälle und Nebengedanken |
    abweisen, um nicht, wie man sagt, aus dem Hundertsten ins
    Tauséndste zu kommen, sollen Sie hier anders vorgehen. Sie
    werden beobachten, daß Ihnen während Ihrer Erzählung ver-
    schiedene Gedanken kommen, welche Sie mit gewissen kri-
    tischen Einwendungen zurückweisen möchten, Sie werden
    versucht sein, sich zu sagen: Dies oder jenes gehört nicht
    hieher, oder es ist ganz unwichtig, oder es ist unsinnig, man
    braucht es darum nicht zu sagen. Geben Sie dieser Kritik
    niemals nach und sagen Sie es trotzdem, ja gerade darum,
    weil Sie eine Abneigung dagegen verspüren, Den Grund für
    diese Vorschrift — eigentlich die einzige, die Sie befolgen
    sollen — werden Sie später erfahren und einsehen lernen.
    Sagen Sie also alles, was Ihnen durch den Sinn geht. Be-
    nehmen Sie sich so, wie z. B. ein Reisender, der am Fenster-
    platze des Eisenbahnwagens sitzt und dem im Inneren Un-
    tergebrachten beschreibt, wie sich vor seinen Blicken die
    Aussicht verändert. Endlich vergessen Sie nic daran, daß Sie

    volle Aufrichtigkeit versprochen haben, und gehen Sie nie

  • S.

    an ere stellen sich gewöhnlich auf die Krank.

    ffs gelegentlich auf Personen, die sich benehmen, als ob sie sich
    Regel selbst gegeben håtten. Andere siindigen gegen sie von allem
    ing an. Ihre Mitteilung ist in den ersten Stadien der Behandlung
    dâblich, auch nutzbringend; spüter unter der Herrschaft der Wider-
    versagt der Gehorsam gegen sie, und für jeden kommt irgend
    | die Zeit, sich über sie hinauszusetzen. Man muß sich aus seiner
    yse daran erinnern, wie unwiderstehlich die Versuchung auf-
    enen_ kritischen Vorwänden zur Abweisung von Einfällen nachzu-
    . Von der geringen Wirksamkeit solcher Verträge, wie man sie
    die Aufstellung der Ja Grundregel mit dem Patienten schließt,
    . man sich regelmäßig überzeugen, wenn sich zum erstenmal etwas

    der Mitteilung auszenommen sind. Pour faire une omelette il
    ‘casser des oeufs. Ein anståndiger Mensch vergißt bereitwillig, was
    von solchen Geheimnissen fremder Leute nicht wissenswert er-
    t. Auch auf die Mitteilung von Namen kann man nicht verzichten;
    rzåhlungen des Patienten bekommen sonst etwas Schattenhaftes
    је Szenen der „natürlichen Tochter“ Goethes, was im Gedächtnis
    Arztes nicht haften will; auch decken die zurückgehaltenen Namen
    Zugang zu allerlei wichtigen Beziehungen. Man kann Namen etwa
    deren lassen, bis der Analysierte mit dem Arzt und dem Verfahren
    iter geworden ist. Es ist. sehr merkwürdig, daß die ganze Auf-
    ⑥sbar wird, sowie man die Reserve an einer einzigen Stelle ge-
    tet hat. Aber man bedenke, wenn bei uns ein Asylrecht, z. В. für
    inzigen Platz in der Stadt bestånde, wie lange es brauchen würde,
    Gesindel der Stadt auf diesem einen Platz zusammentråfe. Ich
    delte einmal einen hohen Funktionär, der durch seinen Diensteid — |
    tigt war, gewisse Dinge als Staatsgeheimnisse vor der Mitteilung
    bewahren, und scheiterte bei ihm an dieser Einschränkung. Die psycho-
    ytische Behandlung muß sich über alle Rücksichten HM
    Neurose und ihre Widerstände rücksichtslos sind. p

  • S.

    430 SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. 1V.

    heitsveranlassung cin; andere, die den Zusammenhang ihrer

    Neurose mit ihrer Kindheit selbst nicht verkennen, beginnen |
    oft mit der Darstellung ihrer ganzen Lebensgeschichte, Kine

    systematische Erzählung. erwarte man auf keinen Fall und

    tue nichts dazu, sie zu fördern. Jedes Stückchen der Ge-

    schichte wird später von Neuem ‚erzählt werden müssen, und

    erst bei diesen Wiederholungen werden die Zusätze erschei-

    nen; welche die wichtigen, dem Kranken unbekannten Zu-

    sammenhänge vermitteln,

    Es gibt Patienten, die sich von den ersten Stunden an
    sorgfältig auf ihre Erzählung vorbereiten, angeblich um so
    die bessere Ausnützung der Behandlungszeit zu sichern. Was
    sich so als Eifer drapiert, ist Widerstand. Man widerrate
    solche Vorbereitung, die nur ‚zum Schutze gegen das Auf-
    tauchen unerwünschter Einfälle geübt wird.*) Mag der Kranke
    noch so aufrichtig an seine lóbliche Absicht glauben, der
    Widerstand wird seinen Anteil an der absichtlichen Vor-
    bereitungsart fordern und es durchsetzen, daB das wertvollste
    Material der Mitteilung entschlüpft. Man wird bald merken,
    daß der Patient noch andere Methoden erfindet, um. der Be-
    handlung das Verlangte zu entziehen. Er wird sich etwa
    täglich. mit einem intimen Freunde über die Kur besprechen
    und in dieser Unterhaltung alle die Gedanken unterbringen,
    die sich ihm im Beisein des Arztes aufdrången sollten. Die
    Kur hat dann ein Leck, durch das gerade das Beste ver-

    rinnt. Es wird dann bald an der Zeit sein, dem Patienten

    anzuraten, daß er seine analytische Kur als cine Angelegenheit
    zwischen seinem Arzte und ihm selbst behandle und alle an-
    deren Personen, mögen sie noch so nahestehend oder noch

    *) Ausnahmen lasse man nur zu für Daten wie: Familientafel,
    Aufenthalte, Operationen u. dgl

  • S.

    anken, die ihre Be
    weil sie auch ihre Neurose geheim gehalten haben,

    handlung geheim halten wollen, oft

    ch keine Schwierigkeiten in den Weg. Es kommt na-

    nicht in Betracht, wenn infolge dieser Reservation
    der schönsten Hei erfolge ihre Wirkung auf die Mit-
    rfehlen. Die Entscheidung der Patienten für das Ge-
    bringt selbstverståndlich bereits einen Zug ihrer Ge-
    eschichte ans Licht. R
    Wenn man den Kranken cinschårft, zu Beginn ihrer Be-

    ng móglichst wenig Personen zu Mitwissern zu machen,
    tzt man sie dadurch auch cinigermaBen vor den vie-
    feindseligen Einflüssen, die es versuchen werden, sie der
    abspenstig zu machen. Solche Beeinflussungen können
    fang der Kur verderblich werden. Spåterhin sind sie
    gleichgültig oder selbst nützlich, um Widerstände, die
    verbergen wollen, zum Vorscheine zu bringen.
    Bedarf der Patient während der analytischen Behandlung
    ‘übergehend einer anderen, internen oder spezialistischen
    pie, so ist es weit zweckmábiger, einen nicht analyti-
    Kollegen in Anspruch zu nehmen, als diese andere
    ( stung selbst zu besorgen. Kombinierte Behandlungen
    n neurotischer Leiden mit starker organischer Anlehnung
    meist undurchführbar, Die Patienten lenken ihr Inter-
    von der Analyse ab, sowie man ihnen mehr als einen
    t, der zur Heilung führen soll. Am besten schiebt
    ie organische Behandlung bis nach Abschluß der psy-
    chen auf; würde man die erstere voranschicken,.so bliebe
    den meisten Fällen erfolglos.

  • S.

    432

    SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    Kehren wir zur Einleitung der Behandlung zurück. Man
    wird gelegentlich Patienten begegnen, die ihre Kur mit der
    ablehnenden Versicherung beginnen, daß ihnen nichts einfalle,
    was sie arzählen könnten, obwohl das ganze Gebiet der Le-
    bens- und Krankheitsgeschichte unberührt vor ihnen liegt.
    Auf die Bitte, ihnen doch anzugeben, wovon sie sprechen
    sollen, gehe man nicht ein, dieses erste Mal so wenig wie
    spätere Male. Man halte sich vor, womit man es in solchen
    Fällen zu tun hat. Ein starker Widerstand ist da in die
    Front gerückt, um die Neurose zu verteidigen; man nehme:
    die Herausforderung sofort an und rücke ihm an den Leib.
    Die energisch wiederholte Versicherung, daß es solches Aus-
    bleiben aller Einfälle zu Anfang nicht gibt, und daß es sich
    um einen Widerstand gegen die Analyse handle, nötigt den
    Patienten bald zu den vermuteten Geständnissen oder deckt
    ein erstes Stück seiner Komplexe auf. Es ist böse, wenn er
    gestehen muß, daß er sich während des Anhörens der Grund-
    regel die Reservation geschaffen hat, dies oder jenes werde
    er doch für sich behalten. Minder arg, wenn er nur mitzu-
    teilen braucht, welches Mißtrauen er der Analyse entgegen-
    bringt, oder was für abschreckende Dinge er über sie gehört
    habe. Stellt er diese. und ühnliche Möglichkeiten, die man
    ihm vorhált, in Abrede, so kann man ihn durch Drängen
    zum Eingestándnis nötigen, daß er doch gewisse Gedanken,
    die ihn beschäftigen, vernachlässigt hat. Er hat an die Kur
    selbst gedacht, aber an nichts Bestimmtes, oder das Bild
    des Zimmers, in dem er sich befindet, hat ihn beschäftigt,
    oder er muß an die Gegenstände im Behandlungsraum denken,
    und daß er hier auf einem Divan liegt, was er alles durch
    die Auskunft „Nichts“ ersetzt hat. Diese Andeutungen sind
    wohl verständlich; alles was an die gegenwärtige Situation

  • S.

    Aufdeckung dieser Ubertragung zu beginnen; von ihr
    let sich rasch der Weg zum Eingange in das patho-
    aterial des Kranken. Frauen, die nach dem Inhalte

    | exquisiten ästhetischen Einstellungen, becilt sich, |
    osenstreif zurecht zu zupfen, ehe er sich zur ersten
    dlung niederlegt; er erweist sich als dereinstiger Kopro-
    von höchstem Raffinement, wie es fiir den späteren
    heten zu erwarten stand. Ein junges Mädchen zieht in
    gleichen Situation hastig den Saum ihres Rockes über
    orschauenden Knôchel; sie hat damit das Beste ver-
    ュ was dic spätere Analyse aufdecken wird, ihren nar-
    en Stolz auf ihre Kórperschónheit und ihre Exhibi-
    gungen.
    Besonders viele Patienten sträuben sich gegen die ihnen
    hlagene Lagerung, während der Arzt ungesehen hinter

    nen sitzt, und bitten um die Erlaubnis, die Behandlung in

    r Position durchzumachen, zumeist, weil sie den An-
    les Arztes nicht entbehren wollen. Es wird ihnen regel-
    verweigert; man kann sic aber nicht daran hindern,
    sich's einrichten, einige Sätze vor Beginn der „Sit-

    g zu sprechen oder nach der angekündigten, Beendigung

    ‘reud, Neurosenlehre. IV. i 28

  • S.

    SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    derselben, wenn sie sich vom Lager erhoben haben. Sie teilen
    sich so die Behandlung in einen offiziellen Abschnitt, während
    dessen sie sich meist sehr gehemmt benehmen, und in einen
    „gemütlichen“, in dem sie wirklich frei sprechen und allerlei
    mitteilen, was sie selbst nicht zur Behandlung rechnen. Der
    Arzt läßt sich diese Scheidung nicht lange gefallen, er merkt
    auf das vor oder nach der Sitzung Gesprochene, und indem

    er es bei nächster Gelegenheit verwertet, reißt er die Scheide-

    wand nieder, die der Patient aufrichten wollte. Dieselbe wird"
    wiederum aus dem Materiale eines Ubertragungswiderstandes
    gezimmert sein.

    Solange nun die Mitteilungen und Einfälle
    desPatienten ohne Stockungerfolgen, lasse man
    das Thema der Übertragung unberührt. Man warte
    mit dieser heikelsten aller Prozeduren, bis die Ubertragung
    zum Widerstande geworden ist.

    Die nächste Frage, vor die wir uns gestellt finden, ist
    eine prinzipielle. Sie lautet: Wann sollen wir mit den Mit-
    teilungen an den Analysierten beginnen? Wann ist es Zeit,
    ihm die geheime Bedeutung seiner Einfälle zu enthiillen, ihn
    in die Voraussetzungen und technischen Prozeduren der Ana-'
    lyse einzuweihen?

    Dic Antwort hierauf kann nur lauten: Nicht eher, als
    bis sich eine leistungsfähige Übertragung, ein ordentlicher
    Rapport, bei dem Patienten hergestellt hat. Das erste Ziel
    der Behandlung bleibt, ihn an die Kut und an die Person
    des Arztes’ zu attachieren. Man braucht nichts anderes dazu
    zu tun, als ihm Zeit zu lassen. Wenn man ihm ernstes Inter-
    esse bezeugt, die anfangs auftauchenden Widerstände sorg-
    fåltig beseitigt und gewisse Mifgriffe vermeidet, stellt der

  • S.

    [TERE RATSCHLÄGE ZUR TECHNIK DER PSYCHOANALYSE. 435

    Liebes zu empfangen gewohnt war. Man kann sich diesen

    nen anderen Standpunkt einnimmt als den der Einfüh-
    etwa einen moralisierenden, oder wenn man sich 8
    ter oder Mandator einer Partei gebirdet, des anderen
    ls etwa usw.

    Diese Antwort schließt natürlich die Verurteilung eines
    fahrens ein, welches dem Patienten die Übersetzungen
    Symptome mitteilen wollte, sobald man sie selbst er-
    en hat, oder gar «inen besonderen Triumph darin erblicken
    le, ihm diese ,,Lösungen* in der ersten Zusammenkunft
    Gesicht zu schleudern. Es wird einem geübteren Ana-
    er nicht schwer, die verhaltenen Wünsche eines Kranken
    on aus seinen Klagen und seinem Krankenberichte deutlich
    mehmbar herauszuhôren; aber welches Maß von Selbst-
    ligkeit und von Unbesonnenheit gehôrt dazu, um einem
    "den, mit allen analytischen‘ Voraussetzungen Unvertrau-
    m, nach der kürzesten Bekanntschaft zu eröffnen, er hinge
    zestuös an seiner Mutter, er hege Todeswiinsche gegen seine

    ‘eblich geliebte Frau, er trage sich mit der Absicht, seinen

    bt, die sich mit solchen Augenblicksdiagnosen und Schnell
    andlungen briisten, aber ich warne jedermann davor, sol-

    Beispielen zu folgen. Man wird dadurch sich und seine
    he um jeden Kredit bringen und e heftigsten Wider-
    he hervorrufen, ob man nun richtig geraten hat oder

    an richtig geraten hat. Der therapeutische Effekt wird in
    Regel zunächst gleich Null sein, die Abschreckung von
    \ ⑧ 28% |

    + ein solches Attachement von selbst her und reiht |

    . Erfolg allerdings verscherzen, wenn man von Anfang |

    f zu betrügen п. dgl! Ich habe gehört, daß es Analytiker |

    icht, ja eigentlich um so heftigeren Widerstand, je eher -

  • S.

    436 SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE, IV,

    der Analyse aber eine endgiiltige. Noch in späteren Stadien
    der Behandlung wird man Vorsicht iiben miissen, um eine
    Symptomlésung und Wunschübersetzung nicht eher mitzu-
    teilen, als bis der Patient knapp davor steht, so dab er nur
    noch einen kurzen Schritt zu machen hat, um sich dieser Ló-
    sung selbst zu bemåchtigen. In früheren Jahren hatte ich häufig
    Gelegenheit zu erfahren, daß die vorzeitige "Mitteilung einer
    Lösung der Kur ein vorzeitiges Ende bereitete, sowohl in+
    folge der Widerstände, die so plötzlich geweckt wurden, als
    auch auf Grund der Erleichterung, die mit der Lösung ge-
    geben. war. :

    Man wird hier die Einwendung machen: Ist es denn un-
    sere Aufgabe, die Behandlung zu verlängern, und nicht viel-
    mehr, sie so rasch wie möglich zu Ende zu führen? Leidet
    der Kranke nicht infolge seines Nichtwissens und Nichtve
    stehens, und ist es nicht Pflicht, ihn so bald als möglich
    wissend zu machen, also, sobald der Arzt selbst wissend ge-
    worden ist?

    Die Beantwortung dieser Frage fordert zu einem kleinen

    Exkurs auf, über die Bedeutung des Wissens und über den
    Mechanismus der Heilung in der Psychoanalyse,

    In den frühesten Zeiten der analytischen Technik haben
    wir allerdings in intellektualistischer Denkeinstellung das
    Wissen des, Kranken um das von ihm ı Vergessene hoch ein-
    geschätzt und dabei kaum zwischen unserem Wissen und dem
    seinigen unterschieden. Wir hielten es für einen besonderen
    Glücksfall, wenn es gelang, Kunde von dem vergessenen Kind-
    heitstraume von anderer Seite her zu bekommen, z. В. von
    Eltern, Pflegepersonen oder dem Verführer selbst, wie es in
    einzelnen Fällen möglich wurde, und beeilten uns, dem Kran-
    ken die Nachricht und die Beweise für ihre Richtigkeit zur

  • S.

    zu bringen in der sicheren Erwartung, so Neurose
    dlung zu einem schnellen Ende zu führen. Es war

    were Enttäuschung, als der erwartete Erfolg aus-

    Wie konnte es nur zugehen, daß der Kranke, der jetzt
    iem traumatischen Erlebnis wußte, sich doch benahm,
    5 er nicht mehr davon als früher? Nicht einmal die

    g und Beschreibung desselben auftauchen..

    mem bestimmten Falle hatte mir die Mutter eines
    chen Mádchens das homosexuelle Erlebnis verraten,
    die Fixierung der Anfälle des Mädchens ein großer
    zukam. Die Mutter hatte die Szene selbst überrascht,
    inke aber dieselbe völlig vergessen, obwohl sie bereits
    ren der Vorpubertät angehörte, Ich konnte nun cine

    che Erfahrung machen. Jedesmal, wenn ich die Er-

    g der Mutter vor dem Mädchen wiederholte, reagierte
    mit einem hysterischen Anfalle, und nach diesem war

    eilung wieder vergessen. Es war kein Zweifel, daß

    anke den heftigsten Widerstand gegen ein ihr aufge-

    es Wissen äußerte; sie simulierte endlich Schwachsinn
    ollen Gedächtnisverlust, um sich gegen meine Mit-
    en zu schützen. So mußte man sich denn entschließen,

    ssen an sich die ihm vorgeschriebene Bedeutung zu
    jen und den Akzent auf die Widerstände zu legen,
    © das Nichtwissen seinerzeit verursacht hatten und jetzt
    bereit waren, es zu verteidigen, Das bewußte Wissen
    war gegen diese Widerstände, auch wenn es nicht wieder
    LoBen wurde, ohnmáchtig. s 2 Ą
    befremdende Verhalten der Kranken, die ein be-
    issen mit dem Nichtwissen zu vereinigen verstehen,
    r die sogenannte Normalpsychologie unerklürlich.

  • S.

    /

    438 SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. 1V.

    Der Psychoanalyse bereitet es auf Grund ihrer Anerkennung
    des Unbewubten keine Schwierigkeit; das beschriebene Pha-
    nomen gehórt aber zu den besten Stützen einer Auffassung,
    welche sich die seelischen Vorgänge topisch differenziert
    näher bringt. Die Kranken wissen nun von dem verdrångten
    ‚Erlebnis in ihrem Denken, aber diesem fehlt die Verbindung
    mit jener Stelle, an welcher die verdrüngte Erinnerung in
    irgend einer Art enthalten ist. Eine Veränderung kann erst
    eintreten, wenn der bewufite DenkprozeB bis zu dieser Stelle
    vorgedrungen ist und dort die Verdrångungswiderstånde iiber-
    wunden hat. Es ist gerade so, als ob im Justizministerium
    ein ErlaB verlautbart worden wire, daß man jugendliche Ver-
    gehen in einer gewissen milden Weise richten solle. Solange
    dieser Erlab nicht zur Kenntnis der einzelnen Bezirksgerichte
    gelangt ist, oder für den Kall, daB die Bezirksrichter nicht
    die Absicht haben, diesen Erla⑥ zu befolgen, vielmehr auf
    eigene land judizieren, kann an der Behandlung der ein-
    zelnen jugendlichen Deliquenten nichts geändert sein. Fügen
    wir noch zur Korrektur hinzu, daß die bewuBte Mitteilung
    des Verdrüngten an den Kranken doch nicht wirkungslos
    bleibt. Sie wird nicht die gewünschte Wirkung äußern, den
    Symptomen ein Ende zu machen, sondern andere Folgen haben.
    Sie wird zunächst Widerstände, dann aber, wenn deren Über-
    windung erfolgt ist, einen Denkprozel anregen, in dessen
    Ablauf sich endlich die erwartete Beeinflussung der unbe-
    wuften Erinnerung herstellt.

    Es ist jetzt an der Zeit, eine Übersicht des Kråftespiels
    zu gcwinnen, welches wir durch die Behandlung in Gang
    bringen. Der nüchste Motor der Therapie ist das Leiden des
    Patienten und sein daraus entspringender Heilungswunsch.
    Von der Größe dieser Triebkraft zieht sich mancherlei ab,

  • S.

    A XIV. WEITERE RATSCHLAGE ZUR TECHNIK DER PSYCHOANALYSE. 439

    was erst im Laufe der Analyse aufgedeckt wird, vor allem
    der sogenannte sekundäre Krankheitsgewinn, aber die Trieb-
    kraft selbst muß bis zum Ende der Behandlung erhalten
    bleiben; jede Besserung ruft eine Verringerung derselben her-
    vor. Für sich allein ist sie aber unfähig, die Krankheit zu
    beseitigen; es fehlt ihr zweierlei dazu: sie kennt die Wege
    nicht, die zu diesem Ende einzuschlagen sind, und sie bringt
    die notwendigen Energiebeträge gegen die Widerstände nicht
    auf, Beiden Mängeln hilit die analytische Behandlung ab.
    Die zur Überwindung der Widerstände crforderten Affekt-

    óBen stellt sic durch die Mobilmachung der Energien bei,
    welche für die Übertragung bereit liegen; durch die recht
    zeitigen Mitteilungen zeigt sie dem Kranken die Wege, auf
    welche er diese Energien leiten soll. Die Übertragung kann
    háufig genug die Leidenssymptome allein beseitigen, aber
    dann nur vorübergehend, solange sie eben selbst Bestand hat.
    Das ist dann eine Suggestivbehandlung, keine Psychoanalyse.
    Den letzteren Namen verdient die Behandlung nur dann,
    wenn die Übertragung ihre Intensität zur Überwindung der
    Widerstände verwendet hat. Dann allein ist das krank-
    sein unmöglich geworden, auch wenn die Übertragung wie-

    der aufgelóst worden ist, wie ihre Bestimmung es ver-
    .

    langt,

    Im Laufe der Behandlung wird noch ein anderes för-
    derndes Moment wachgerufen, das intellektuelle Interesse und
    Verständnis des Kranken. Allein dies kommt gegen die an-
    deren miteinander ringenden Kräfte kaum in Betracht; es
    droht ihm beständig die Entwertung infolge der Urteils-
    trübung, welche. von den Widerständen ausgeht. Somit er-
    übrigen Übertragung und Unterweisung (durch Mitteilung)
    als die neuen Kraftquellen, welche der Kranke dem Analytiker

  • S.

    440 SCHRIFTEN ZUR NEUROSENLEHRE. IV.

    verdankt. Der Unterweisung bedient er sich aber nur, inso-
    fern er durch. die Übertragung dazu .bewogen wird, und
    darum soll die erste Mitteilung abwarten, bis sich eine
    starke Übertragung hergestellt hat, und fügen wir hinzu,
    jede spatere, bis die Stórung der Übertragung durch die der

    Reihe nach auftauchenden Ubertragswiderstånde beseitigt

    ist.