"Janet, Pierre"

Französischer Philosoph, Psychiater, Psychotherapuet. Inhaber des Lehrstuhls für experimentelle und vergleichende Psychologie am Collège de France. 
Arbeitsschwerpunkte waren unter anderem  Dissoziation, Psychotraumatologie. Janet verwendete in seiner Doktorarbeit ›L’Automatisme psychologique‹ (1889) den den französischen Begriff "subconscient" (unterbewusst), um jenes Bewusstsein zu charakterisieren, das unter den Schichten des bewussten, kritischen Verstandes und des Denkens liegt.

 

Biografie 

(Quelle): https://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Janet [2025-06-012]]

"Janet ist der zweitälteste Sohn des Jules Janet (1813–1894) einem Herausgeber juristischer Schriften, und dessen Frau Fanny, geborene Hummel (1836–1885), die aus Straßburg stammte. Seine Geschwister waren ein älterer Bruder Paul (1823–1894) und späterhin Professor für Philosophie, ein jüngerer Bruder Jules (1861–1942), der als Urologe praktizierte und eine jüngere Schwester Marguerite. Janets Familie zog kurz nach Pierres Geburt in eine kleine Stadt, Bourg-la-Reine, die circa zehn Kilometer südlich des Zentrums von Paris am linken Ufer der Bièvre liegt. Ab dem Jahre 1870 wohnte die Familie wieder in Paris.[2] Ein Onkel väterlicherseits war der Philosoph Paul Janet.

Pierre Janet besuchte, von 1871 bis 1878, das bekannte Collège Sainte-Barbe in Paris, wo schon Ignatius von Loyola, Calvin und Gustave Eiffel zur Schule gingen. Er schaffte 1879 die Zulassung zur Eliteschule École normale supérieure, wo er 1882 die Agrégation de Philosophie als Zweitbester bestand.

Von 1882 bis 1889 lehrte er am Lycée in Châteauroux und Le Havre als Philosophielehrer. Hier wurde er im Jahre 1889 in der Philosophie durch seine Dissertationsschrift Philosophische Dissertation L’automatisme psychologique und einer lateinischen Dissertation Baco Verulamis alchemicis philosophis quid debuerit promoviert.

In seiner Freizeit arbeitete er als Freiwilliger im Krankenhaus von Le Havre und unternahm in eigener Initiative psychiatrische Forschungsarbeiten. So führte er ab dem Jahre 1885 erste Untersuchungen zur Hypnose in dem Krankenhaus von Le Havre in Begleitung des Chefarztes Joseph Gibert (1829–1899). Im Mittelpunkt ihres klinischen Interesses lag die bretonische Schlafwandlerin Léonie Leboulanger („Frau B.“, * 1837). Erste Publikationen über den Somnambulismus von Vorträgen für die Société de psychologique physiologique, u. a. in „Ribots Revue Philosophique“. Durch seine Untersuchungen entstanden Kontakte, etwa zu Jean-Martin Charcot, Charles Richet, Julian Ochorowicz, Léon Marillier, Frederick Myers und Henry Sidgwick.

Diese Untersuchungen bildeten auch die Grundlage für die oben erwähnte Haupt-Doktorarbeit Janets: L’Automatisme Psychologique. In diesem Werk unterschied er zwischen Unterbewusstsein und Bewusstsein und legte damit den Grund für Freuds Konzept des Unbewussten.[3][4]

Janet studierte von 1889 bis 1893 Medizin und arbeitete auf Jean-Martin Charcots Stationen am Hôpital Salpêtrière, wo er auch seine klinischen Forschungen wieder aufnahm. In der medizinischen Doktorarbeit von 1893 legte er seine Theorie der Hysterie(Original Contribution à l’étude des accidents mentaux chez les hystériques) dar. 1893 übertrug ihm Charcot die Leitung des Forschungslabor für Experimentalpsychologie am Hôpital Salpêtrière, das Charcot für ihn einrichten ließ, die er bis 1902 innehatte; gleichzeitig lehrte er an der Sorbonne und am Collège de France Philosophie.[5] Im Jahre 1894 heiratete Janet seine Ehefrau Marguerite Duchesne, mit der er drei Kinder hatte, Hélène, Fanny und Michel.[6]

Ab 1895 lehrte Janet am Collège de France auch experimentelle und vergleichende Psychologie und war dort von 1902 bis 1934 Professor.[7] Er gründete das Journal de psychologie normale et pathologique (1904) und die Société de psychologie, die 1941 zur Société française de psychologie wurde.[8] Sigmund Freud konnte Ende des Jahres 1895 zu einem „sechsmonatiges Reisestipendium für Nachwuchswissenschaftler“ zu Charcot an das Hôpital Salpêtrière aufbrechen. Beide leiteten die „psychologische Wende“ in der klinischen Erforschung der Hysterie ein und stellen sich damit im Gegensatz zu ihrem Lehrer Charcot, der die Hysterie als funktionelle Nervenkrankheit ansah.[9] Inwieweit sich Janet und Freud begegneten bleibt offen.[10][11]

1904 wurde er für eine Vortragsserie nach Amerika eingeladen und 1913 übernahm am Internationalen Kongress für Medizin in London die Rolle des Kritikers an der Psychoanalyse Sigmund Freuds.[12][13]

1919 veröffentlichte Janet sein 3-bändiges Werk Les Médications Psychologiques, eine systematische Abhandlung über Psychotherapie. Ab 1925 entwickelte Janet sein neues System der Psychologie des Verhaltens weiter.

1932 wurde Janet in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, 1938 in die National Academy of Sciences und 1940 in die American Philosophical Society.[14] 1935 nahm er seinen Abschied vom Collège de France, widmete sich aber weiterhin seiner privaten Praxis.[5]

Einzelnachweise

  1. Anngret Boll-Klatt, Matthias Kohrs: Praxis der psychodynamischen Psychotherapie. Grundlagen, Modelle, Konzepte. 2. Aufl., Schattauer, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-608-43176-6, S. 336
  2. Pierre Janets Biographie, auf pierre-janet.de
  3. K. E. Bühler, G. Heim (2008): Pierre Janets Konzeption des Unterbewussten. Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 27, S. 24–62.
  4. Uwe Wolfradt: Die Ich-Theorie Traugott Konstantin Oesterreichs vor dem Hintergrund der Psychologie Pierre Janets. In Peter Fiedler & Gerhard Heim (Hrsg.): Psychotherapie: Vom Automatismus zur Selbstkontrolle. Pierre Janets Beiträge zur modernen Psychiatrie und Psychologie. [Band 2], Lengerich, Berlin 2010, Pabst Science Publishers, S. 112–125.
  5. Pierre Janets Biographie. Pierre Janet Gesellschaft e. V., abgerufen am 11. September 2017."

 

Bibliographie der Werke Janets

(Quelle'': https://www.pierre-janet.de/index.php/bibliographie-der-werke-janets.html [2025-05-12])

"Bibliographien der Janetschen Schriften finden sich in R. Diatkine Evolution Psychiatrique 3: 497-501 (1950), C.M. Prévost La psycho-philosophie de Pierre Janet. Économies mentales et progrès humain. Paris, Payot (1973). Des weiteren gibt es eine (vergriffene) umfangreiche Bibliographie mit dem Titel L’Oeuvre de Pierre Janet: bibliographie (Band 4 der Psychologie Pathologique et Sciences Humaines, Université de Paris V, 1977).

Die vom Institut Pierre Janet (Paris) erstellte Bibliographie unter der Adresse www.pierre-janet.com ist nach Auflösung dieses Fachverbandes im Jahre 2011 derzeit nicht verfügbar.

Im folgenden werden Janets Monographien aufgelistet. Aufsätze in Fachzeitschriften und andere Beiträge werden ggf. zu einem späteren Zeitpunkt dokumentiert (eine Reihe seiner Bücher und Aufsätze sind in den letzten Jahren beim Verlag L’Harmattan, Paris, mit Vorworten von Serge Nicolas nachgedruckt worden).

(1889) «Baco Verulamius alchemicis philosophis quid debuerit.» Angers, Burdin.

(1889) «L’automatisme psychologique. Essai de psychologie expérimentale sur les formes inférieures de l’activité humaine.» Paris, Alcan.

(1893a) «État mental des hystériques.Vol 1: Les stigmates mentaux» (Préface de Charcot). Paris, Rueff. [deutsche Übers. v. Max Kahane : „Der Geisteszustand der Hysterischen : die psychischen Stigmata“. Leipzig, Deuticke 1894].

(1893b) «État mental des hystériques. Vol 2 : Les accidents mentaux.» Paris : Rueff. [engl.Übersetzung von Vol.1 und Vol.2 v. C. Corson: “The Mental State of Hystericals.” New York, London, Putnam & sons 1901].

(1894) «Manuel du baccalauréat de l’enseignement secondaire classique (2e partie, 1ère série), Classes de philosophie et de première-lettres. Philosophie.» Paris, Nony [bis 1930 14 Auflagen].

(1898) «Névroses et idées fixes. 2 vols.» Paris, Alcan. [vol.2 par Fulgence Raymond et Pierre Janet]

(1903) «Les obsessions et la psychasthénie. 2. vols.» Paris, Alcan [vol.2 par Fulgence Raymond et Pierre Janet]

(1907) “The Major Symptoms of Hysteria.” London, New York, MacMillan.

(1909) “Les névroses.” Paris : Flammarion.

( 1919) «Les médications psychologiques. 3 Vols». Paris, Alcan. [engl. Übersetzung v. E. and C. Paul : “Psychological Healing: A Historical and Clinical Study. 2 vols.”. London, Allen & Unwin 1925].

(1923) «La Médecine Psychologique.» Paris,Flammarion. [engl. Übersetzung von H.M. und E.R. Guthrie : «Principles of Psychotherapy». New York, MacMillan 1924].

(1926/1928) «De l’angoisse à l’extase. Etudes sur les croyances et les sentiments». 2 vols. Paris, Alcan.

(1927) «La pensée intérieure et ses troubles». Paris, Maloine.

(1928) «L’Evolution de la mémoire et la notion du temps». Paris, Chahine.

(1929) «L’Evolution psychologique de la personnalité». Paris, Chahine.

(1930) «La force et la faiblesse psychologiques». Paris, Maloine.

(1932) «L'Amour et la haine». Paris, Maloine.

(1935) «Les débuts de l'intelligence». Paris, Flammarion."

(1936) «L'Intelligence avant le langage». Paris, Flammarion.

Annotationen

1911-001F:5
P. Janets


P. Janets

Freud 1901-001F:5

"Wir haben seit langem gemerkt, daß jede Neurose die Folge, also wahrscheinlich die Tendenz habe, den Kranken aus dem realen Leben herauszudrängen, ihn der Wirklichkeit zu entfremden. Eine derartige Tatsache konnte auch der Beobachtung P. Janets nicht entgehen; er sprach von einem Verluste „de la fonction du réel“ als von einem besonderen Charakter der Neurotiker, ohne aber den Zusammenhang dieser Störung mit den Grundbedingungen der Neurose aufzudecken."

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