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[Rubik: Kurze Mitteilungen]
II) Die Bedeutung der Vokalfolge
(1911)
Es ist sicherlich oft beanstandet worden, dass, wie Stekel
behauptet, in Träumen und Einfällen Namen, die sich verbergen,
durch andere ersetzt werden sollen, welche nur die Vokalfolge
mit ihnen gemein haben. Doch liefert die Religionsgeschichte
dazu eine frappante Analogie. Bei den alten Hebräern war der
Name Gottes „tabu“; er sollte weder ausgesprochen, noch nieder-
geschrieben werden; ein keineswegs vereinzeltes Beispiel von der
besonderen Bedeutung der Namen in archaischen Kulturen. Dies
Verbot wurde so gut eingehalten, dass die Vokalisation der vier
Buchstaben des Gottesnamens J‑h‑v‑h auch heute unbekannt
ist. Der Name wird Jehovah ausgesprochen, indem man ihm
die Vokalzeichen des nicht verbotenen Wortes Adonai (Herr)
verleiht. (S. Reinach, Cultes, Mythes et Religions. T. I, p. 1,
1908.)
freud-1931-neurosenlehre
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