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    PROF. DR. FREUD   WIEN IX., BERGGASSE 19.

    11. 3. 13.

    Verehrter Dr Putnam

    Ich danke Ihnen herzlich für die versprochenen 
    Beiträge und zuletzt für die Mitteilung 
    Ihres Schreibens an Dr Stekel, welches über 
    Ihre Stellung keinen Zweifel bestehen 
    lässt. Der äußere Aspekt unserer Bewegung 
    mag sich durch den Abfall oder die Abfalls-
    neigungen mancher Personen etwas geänd-
    ert haben seit unserem letzten Zusammen-
    treffen. Im Grunde ist nichts Schädliches geschehen 
    und Fortschritt und Ausbreitung gehen in 
    befriedigender Weise weiter.  Es ist selbst-
    verständlich, dass Einikeit in der ΨA, wo 
    der persönliche Fehler eine so große Rolle 
    spielt, noch schwieriger zu erzielen ist als 
    auf anderen Forschungsgebieten.

    Ich weiß nicht, ob Sie uns das Vergnügen 
    bereiten werden, diesen Sept in Europa 
    zu verbringen und an dem für den 7/8 
    d. M. festgesetzten Kongreß theilzunehmen.  
    Wir würden es alle als sehr wünschenswert 
    betrachten. Vom Befinden Ihrer Tochter 
    schrieben Sie lange nichts, darum darf 
    ich annehmen, daß sich eine bescheidene 

  • S.

    Neurose anstatt der gefürchteten Erkrankung 
    bei ihr herausgestellt hat.

    Was ich bei meiner schweren ärztlichen 
    Arbeit produziren kann, findet ja 
    regelmäßig seinen Weg zu Ihnen. Meine 
    nächste Publikation in einem Som̄erheft 
    der Imago – die vierte der Reihe – möchte 
    Ihr besonderes Interesse erbitten, erwartet 
    allerdings auch bei Ihnen ein Kopfschütteln 
    zu provoziren.

    Mit herzlichen Grüßen 
    Ihr sehr ergebener 
    Freud