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S.
PROF. DR. FREUD
WIEN, IX. BERGGASSE 197. XI. 12
Liebe Frau Doktor
Schönen Dank für den Kugeltraum, den
ersten Beitrag, den meine Aufforderung
bisher erzielt hat. Ihre Beschwerde über
die ungerechten Nachreden von Burg-
hölzli aus, thut mir sehr leid. Es ist also
überall dasselbe, auch in der kulturell
angeblich soviel höher stehenden Schweiz.
Ich mag Ihnen nicht abraten sich an Bleuler
zu wenden, sonst möchte ich aber im
Gegensatz zu Ihrem Rechtsfreund be-
haupten, daß solche Gerüchte sich von selbst
zu verflüchtigen pflegen, während sie
durch eine Reaktion fixirt und verdichtet
werden können. Ich habe auf alle über
mich verbreiteten Schauermärchen nie
mit einem Wort reagirt.Die gegenwärtige Überhäufung mit Geschäften
soll mich entschuldigen, wenn ich Ihrem
Mann, dem ich für einen inhaltsreichen
Brief verpflichtet bin, nicht besonders
antworte. Zu allem Notwendigen habe ich
jetzt noch viel Überflüssiges zu thun.
Es wird Sie beide interessiren zu hören,
daß ich die Herausgeberschaft des -
S.
Zentralblattes wegen nicht mehr zu schlichtender
Differenzen mit Dr Stekel niedergelegt habe
u im Begriffe bin, ein neues Organ an
dem alle früheren Mitarbeiter theil-
nehmen, zu gründen. Sie werden durch
Zirkular davon verständigt werden,
ich bitte Sie aber schon jetzt, Ihre Beiträge
nicht mehr ans Zentralbl, sondern
an mich für das neue Organ zu richten.
Solche persönlichen Kämpfe habe ich infolge
der unkorrigirten persönlichen Fehler
der Mitglieder ohne viel Unterlaß.Ich grüße Sie beide herzlich
u bitte Sie, auch Ihrem Chef Dr Bertschinger
eine Empfehlung von mir zu sagen.Ihr ergebener
Freud
Berggasse 19
Wien 1090
Oostenryk
C37F50