• S.

    PROF. DR. FREUD 
    WIEN, IX., BERGGASSE 19.

    22. XI. 1929

    Lieber Herr Doktor

    Da Sie darauf bestehen und wirklich 
    nur Ihnen zulieb, stelle ich Ihnen 
    folgende, eigentlich nichtssagende 
    „Vorrede“ zur Verfügung.

    „Die nachstehenden Blätter schildern die 
    Einrichtung und Leistung des Berliner 
    Psychoanalytischen Instituts, dem innerhalb 
    der psychoanalytischen Bewegung drei 
    bedeutsame Funktionen zugefallen 
    sind.  Erstens, unsere Therapie jener 
    großen Menge von Menschen zugänglich zu machen, 
    die unter ihren Neurosen nicht weniger 
    leIden, als die Reichen, aber nicht 
    im Stande sind, die Kosten ihrer 
    Behandlung aufzubringen, zweitens 
    eine Stätte herzustellen, an der 
    die Analyse theoretisch gelehrt und dort 
    die Erfahrungen älterer Analytiker 
    auf lernbegierige Schüler übertragen 
    werden können und endlich, unsere 
    Kenntnis der neurotischen Erkrankungen 
    und unsere therapeutische Technik 
    durch Anwendung und Erprobung 
    unter neuen Verhältnißn zu 
    vervollkom̄nen.

    Ein solches Institut war unentbehrlich, 
    aber auf die Hilfe des Staates und 
    das Interesse der Universität für 
    seine Gründung hätten wir ver-
    geblich gewartet. Die Tatkraft und 
    Opferwilligkeit eines Einzelnen 
    unter den Analytikern hat hier

  • S.

    eingegriffen. Dr Max Eitingon, gegenwärtig Praesident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung, hat vor nunmehr zehn Jahren ein solches Institut aus eigenen Mitteln geschaffen, es seitdem erhalten und mit eigener Mühe geleitet. Der Rechenschaftsbericht über das erste Jahrzehnt des Berliner Instituts ist eine Huldigung für den Schöpfer und Leiter, ein Versuch, ihm öffentlich Dank zu sagen. Wer an der Psychoanalyse in irgend einem Sinne Anteil nimmt, wird in diesen Dank einstimmen. 

    Es ist hölzern genug, aber mit bestellten Sachen geht es bei mir nicht besser.

    Herzlich Ihr
    Freud