• S.

    DR. FERENCZI SÁNDOR       
    BUDAPEST, VII., ERZSÉBET‑KÖRÚT 54.

    4.IV.1911.

    Lieber Herr Professor,

    Freudig sage ich zu und bin bereits in der 
    Phantasie mehr im sonnigen Südtirol als in 
    dieser jetzt so nordisch kühlen Stadt, wo ¿¿¿¿ es 
    nach einigen wunderschönen Frühlingstagen wieder 
    eisig bläst und schneit. – Den Fahrplan habe ich 
    noch nicht studiert. (Da Oli abwesend ist, 
    muß ich es selber tun.) Ich glaube, daß wir 
    uns erst unten begegnen werden. Wann und 
    wo, das zu bestimmen bleibt natürlich Ihnen vorbehalten. 
    Ich freue mich ganz kindisch auf diese Ferien, 
    und aus dieser Freude ermesse ich, wie viel 
    ich mich eigentlich in diesem Winter gerackert habe.

         Der hiesige „Galilei“ Verein (Verein frei-
    denkerischer Studenten) hat sich mit der Bitte an 
    mich gewendet, ¿¿¿ ich soll Sie ersuchen ¿¿¿ ¿¿¿ 
    daß ich sie ersuchen soll ihnen einmal einen Vortrag zu halten. Stimmen Sie 
    zu, so wollen sie sich mit der formellen Einla-
    dung an Sie wenden. Über diese Frage 
    werden wir uns am besten mündlich aussprechen.

  • S.

     Ich habe übrigens den Jungen wenig 
    Hoffnung versprochen, weiß ich doch, was Ihnen 
    ein Tag und eine Reise bedeutet.

    Ich wäre sehr froh, wenn Stekel die 
    Kritik Ihrerseits nicht ablehnen würde; 
    was ich auch über sein Buch schreiben mag, 
    wird ja von St. und A. als Echo Ihrer Mei-
    nungen ausgelegt werden, was mich aber nicht 
    abhalten wird, die Kritik zu schreiben.

    Jones schreibt mir aus Toronto 
    sehr überzeugt, so daß ich sein „Wackeln“ 
    nur so deuten kann, daß er mit den prüden 
    Schotten (über die er sich sehr beklagt) nicht 
    auskommen kann.

    Morgen schicke ich Ihnen dieB – etwas 
    spekulativ gehaltene und zu sehr auf die Bewußt-
    seinsseite sich stützende, aber nicht geistlose – 
    Arbeit eines hiesigen Adepten, Dr Kovács 
    (gewesener Patient; Musikaesthetiker) Er möchte 
    die Arbeit als Heft der „“Schriften zur angew. See-
    lenkunde“ erscheinen lassen. ¿¿¿ Wollen Sie ¿¿¿ darü-
    ber ganz objektiv urteilen und mir dann Ihre 
    Meinung bekanntgeben.

    Ich schreibe Ihnen recht bald, erwarte aber 
    auch Nachrichten über Einzelheiten unserer Reise. Herzlichst 
    Ihr Ferenczi

    Editorische Anmerkungen

    St. und A: Stekel und Alder.

    Ernst Falzeder:  In seiner Autobiographie schreibt Jones, daß in Toronto ein großer Teil der einflußreichen Leute schottischer Abstammung war (Associations, S. 177).

    Kovács (1911): Introjektion, Projektion und Einfühlung. Zentralblatt, 1911-12, 2:253-263