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S.
DR. FERENCZI SÁNDOR
BUDAPEST, VII., ERZSÉBET‑KÖRÚT 54.8.IV.1911.
Lieber Herr Professor,
Ihre Kritik finde ich sehr gut, nur etwas zu
zahm. Ich glaube, Sie müßten schon hier gegen die
Adler’schen Sätze (Hermaphroditismus, männlicher Protest)
wenn auch nur ganz allgemein, Stellung nehmen.
Eine nochmalige Befragung Stekel’s oder ein Vorlegen
des Referates vor der Absendung halte ich für über-
flüssig. Das liegt auch nicht in der Richtung, die
Sie mit Recht anstreben (Hinauswerfen aus d. Z.Bl.)Ich habe das Buch noch nicht durchgelesen.
Bei der Lektüre der ersten Hälfte machte ich einige
Randbemerkungen, die ich Ihnen hier einsende.
Es ist eine peinliche Aufgabe für einen reinlich den-
kenden Menschen, dieses Sammelsurium durchzu-
lesen. Ihr Vergleich vom „Herumwühlen eines
Schweines im Blumenbeet“ hat sich voll be-
währt. Das sollten Sie, wenn auch nicht so
aufrichtig, in Ihrer Kritik nicht verschweigen.Aber auch wenn Sie nichts am Referate ändern,
wird es wie die Befreiung von einem Alpdruck
erscheinen, daß endlich einmal der Tadel aus dem
eigenen Lager gegen solche „Schlampereien“ laut wird -
S.
Vom Donnerstag trennen uns nurmehr 4 Tage.
Bitte schreiben Sie mir recht bald, wenn Sie sich
entscheiden, damit ich Sie rechtzeitig einholen kann.
Vielleicht können wir uns unterwegs begegnen
und einen Teil der Reise gemeinschaftlich machen.Herzlichste Grüße von Ihrem
ergebenen
FerencziEditorische Anmerkungen
Stekel, Wilhelm (1911): Die Sprache des Traumes. Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes in ihren Beziehungen zur kranken und gesunden Seele, für Ärzte und Psychologen. Wiesbaden 1911.
VII Erzsebét-kőrút 54
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