S.
XXXII.
Zur Kritik der , Angstneurose".
(Aus: Wiener klin. Rundschau 1895.)
1895
Erwiderung auf Einwendungen Löwenfeld's gegen den
Inhalt der Abbandlung XXXxIl. Das Problem der Aetiologie in
der Neuropathologie wird hier behandelt, um eine Eintheilung der
vorkommenden atiologischen Momente in drei Kategorien zu recht
fertigen: a) Bedingungen; b) specifische; c) concurrirende oder
Hilfsursachen. Bedingungen heissen jene Momente, die zur Erzielung
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des Effectes zwar unentbehrlich sind, diesen aber nicht für sich
allein erzielen können, sondern der specifischen Ursachen hierzu
bedürfen. Die specitischen Ursachen unterscheiden sich von den Be-
dingungen dadurch, dass sie nur in wenigen ätiologischen Formeln
auftreten, während die Bedingungen bei zahlreichen Affectionen die
nämliche Rolle spielen können. Flilfsursachen sind solche, die weder
jedesmal vorhanden sein müssen, noch für sich allein den betreffen-
den Eftect erzeugen können. Für den Fall der Neurosen stellt
vielleicht die Heredität die Bedingung dar; die specifische Ursache
ist in sexuellen Momenten gegeben; alles andere, was sonst als
Actiologie der Neurosen angetührt wird (Ueberarbeitung, Gemüths
bewegung, physische Erkrankung) ist Hilfsursache und kann das
specifische Moment niemals vollständig vertreten, wohl aber dasselbe
der Quantität nach ersetzen. Die Form der Neurose hängt von
der Natur des specifischen sexuellen Momentes ab; ob überhaupt
eine neurotische Erkrankung zustade kommt, wird von quantitativ
wirksamen Factoren bestimmt; die Heredität wirkt nach Art eines
in den Stromkreis eingeschalteten Multiplicators,
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