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    9. XI. 13
    PROF. DR. FREUD        WIEN, IX. BERGGASSE 19.

    Lieber Freund
    Die Ereignisse haben so rasch gewechselt,
    daß vieles, was Sie anregen, entfällt. Unter
    dem Eindruck Ihres Briefes u eines sehr
    ähnlich geführten von Jones haben Rank
    u Sachs sich mit dem Aufschub der Aktion
    gegen den Verein einverstanden erklärt,
    und Ferenczi, der der Heißsporn in der
    ganzen Affaire ist, wird wohl auch zustimmen.
    Sie wissen, ich lasse mich in diesen Ange-
    legenheiten gerne von den Freunden beraten,
    da mein Zutrauen in meine politischen
    Einsichten seit meiner Täuschung durch
    Jung sehr gesunken ist. Den Brief von
    Jones lege ich Ihnen bei.
    Das Jahrb ist also unser geblieben. Deuticke
    war einfach voreilig, scheint keine geheimen
    Abmachungen gehabt zu haben, und hatte mich
    zuerst mißverstanden. Ich werde Ihnen
    nächstens den Plan des Bandes, den
    ich etwa zum 1. Juli herausbringen
    möchte, detailliert mitteilen, und mich
    selbst ausgiebig an der Arbeit beteiligen.
    Hitschmann mache ich Mittwoch Mitteilg
    u sage ihm, daß er sich mit Ihnen in

  • S.

    Verbindung setzen soll. Wir werden alle
    unsere Kraft daran setzen, daß das neue
    Jahrb ein gutes Zeugnis von unserer Leist-
    ungsfähigkeit ablege, u Sie werden von selbst
    in eine höchst einflußreiche Position gelangen.
    Der materielle Gewinn dabei ist freilich sehr
    gering.
    Ich sehe schon, daß die ganze Situation darauf
    abzielt, alles aus uns herauszupressen, was
    in uns stecken mag. Da ist die Sache und wir werden
    uns ohne Jammer opfern. C. C.!
    Gleichzeitig ist die Angelegenheit mit Brugsch
    in nicht unerfreulicher Weise erledigt worden.
    Er hat mich von der Hy enthoben u stimmt
    zu, daß ich einen Abschnitt „Die ψa Theorie
    der Neurosen“ im gleichen Umfange oder
    etwas mehr zum Sammelwerk beitrage,
    das wirft doch auf die Verläßlichkeit
    von Kraus ein gutes Licht.
    Ich gedenke mich auf der Rückreise
    von Hambg (Montag 29 Sonntag 28. Dez von Mittag bis Nachtzug) über den
    Nachmittag in Berlin aufzuhalten, wo
    wir dann alles besprechen werden.
    Ich grüße Sie u Ihr ganzes Haus
    von Herzen u freue mich, Sie offiziell
    als das betrachten zu können, was Sie
    immer waren, einen meiner besten
    Helfer. Ihr getreuer Freud