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    [Briefkopf Wien] Semmering, Villa Schüler

    1. 7. 25
    Lieber Freund
    Ich war nicht der, der Ihnen telegraphiert hat, ich war um diese Zeit durch telephonische Nachricht von Deutsch bereits beruhigt, aber ich war gerne der Empfänger Ihres Telegramms. Froh zu hören, daß Sie sich als rekonvaleszent betrachten dürfen – nun seien Sie aber auch darin gewissenhaft, Ihret- wie unser[t]wegen. Wir sind gestern hier angekommen; selig, hier zu sein trotz des stürmischen Windes und der Bescheidenheit der Natur. Alles so behaglich und ruhig, wie es alten Leuten allein zusteht, eine Art »Austragstüberl«, wenn Sie diesen alpinen Begriff kennen. Mein Befinden, das für meine Freunde leider noch immer interessant ist, verspricht gut zu werden. Mein braver Arzt hat alle

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    die Beschwerden, die den Frieden meiner Prothese störten, mit wahrer Engels- oder Eselsgeduld bearbeitet, bis ein behaglicher Zustand resultieren konnte. Zum Abschied hat er mir noch das Kompliment gemacht, für meine Jahre und die Plage, die ich hinter mir habe, sei ich noch sehr »fesch beisammen«. Ich merke vor allem die Arbeitsunlust und das Ruhebedürfnis.
    Die Gründung in Teramo (Abruzzi) ist Ihnen gewiß berichtet worden, Bianchini verlangt ihre Veröffentlichung.
    Für J. Breuer habe ich einen Nachruf geschrieben, der noch in No. 2 der Zeitschrift erscheinen wird. Ich habe mit der Familie herzliche Briefe gewechselt und so meine schicksalsschweren Beziehungen zu Breuer zu einem würdigen Abschluß gebracht.
    Nun versäumen Sie es nicht, mich von den Fortschritten Ihrer Herstellung zu unterrichten.
    Mit Glückwünschen für Sie und die Ihrigen
    Ihr in Sorge gewesener
    Freud