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[Anmkerungen zu Jung’s Manuskript: „“|
[1910-06-19[p]
p2 „symbolisch seien“ – Unbestim̄t, eigetnlich so allgemein
nicht richtig.p8 Die gebräuchliche Symbolik unseres Ceremoniells
(Brautkranz, Ring, Fahne, religiös: Abendmal) ist
hier ganz übergangen.p14. Eigentlich nur für oberflächliche Wahrnehmung
richtig. Wenn wir uns gehen lassen, geraten wir
in der Regel unter die Herrschaft ubw Ziel-
vorstellungen. Aber im Wesen wird nichts geändert
– an der Darstellg Ihres Textes.p23 Die Gegensätze sind wirklich phantast – real
nicht symbolisch – real.p24 „Die erste causa“ – das einzig Schiefe, dem ich bisher
begegnet bin. Das riecht nach ψ Willkür und für
den Traum nach Belebung der mediz. Trtheorie.p25 Der Tr thut dieß doch nur scheinbar, in der Form. Im
Inhalt ist er ganz korrekt logisch. Archaiisch sind
dann wieder die Kräfte, Triebe, die in ihm
wirken.p26 Der Zweifel erstreckt sich dann auch auf die Folgerg
im oberen Satz der Seite.p38 Die Symbolik des Tr. von Scherner! Gerade von der
Symbolik habe ich im Trbuch zuwenig gegeben, was
erst jetzt in den Stekel’schen Arbeiten nachgeholt
wird.p39. Es würde besser stim̄en, wenn die Alten, die in
der Mythol lebten, nicht auch geträumt hätten.
Ich halte den unterstrichenen Satz für geistreich
aber irreführend.p46. Der Satz ist sehr schön, aber irgendwie paßt das
Subjekt „Phantasien“ nicht zumInhalt. Phantasien,th
Tagträume sind ja meist höchst persönlich.p65. Bei dem Satz „Die Sexualität geht an sich selber
zu Grunde“ erfolgt ein energisches Schütteln des
Kopfes. Solcher Tiefsinn ist vielleicht nicht klar
genug für mytholog Denken. Läge es nicht näher
in all diesen Darstellgen von Selbstaufopferung,
die im Mithrafalle besonders deutlich auf die
Tötung des thierischen Ich durch das menschliche
zurückgehen. Die mythol. Projektion der Verdrängg
zu sehen, bei welcher der sublimirte Teil des Menschen
(das bw Ich) seine kraftvollen Triebe (bedauernd)
opfert? Im Grunde ein Stück des Castrations-
komplexes. -
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Schlange, Pferd etc sind Häufungen z. Verdeutlichung, die
aber den strengen Sinn verdecken.p66. Der ursprünglich psycholog Mythus erhält eine
kalendarischeOberdeckung, ProjektionProj
auf das Gebiet der Naturphänomene, wie
zB. bei der Agoraphobie die Phantasien auf
die Räumlichkeiten über sprachliche Brücken; hier
aber über inhaltliche Analogien.Typisch.p68 Da akzeptiren Sie ja selbst die mythol. Projektion
der Verdrängg an Stelle der früheren Deutg,
daß die Sinnlichkeit an sich selbst zu Grunde geht.Ich bin meiner Gewohnheit gefolgt, nur Ausstellungen
mitzutheilen, alles was mir so sehr gefallen hat,
ohne Bemerkg zu lassen. Ich weiß nicht, ob ich mich
damit bei Ihnen beliebt mache. Für bloße
Beifallsäußerg haben Sie mir’s aber auch nicht
geschickt.Ich meine, trotz aller Schönheit läßt der Essay die
letzte Klarheit vermißen. Der Tr. ist nicht zutreffend
charakterisirt, das ist sogar ein ernster Einwand.
Das Ganze sollte nicht eigentlich Symbolik heißen
sondern „Sy u Mythologie“, da auf letztere mehr Licht
fällt als auf erstere. Ob der Miller nicht doch
ein Mithrasbild vorgeschwebt hat? Die Analogie
ist übrigens doch nicht überwältigend. In den
Mithras‑Steinen die ich gesehen habe, zwickt ein Krebs
den Stier in den Hoden. Die Mythe ist gewiß
auch schon sehr über arbeitet. – Alles Wesentliche
Ihres Aufsatzes besteht doch zu Recht. Nur zwischen
den zwei Formen des Denkens einerseits, dem
Gegensatz von Phantasie und Realität anderseits klafft
eine LückeIch danke Ihnen sehr.
Ihr
Freud[Dieser Text beinhaltet Anmerkung von Sigmund Freud zum Vortragsmanuskript (Herisau) von C. G. Jung, das nicht erhalten ist. Der schließlich publizierte Text (Jung, C. G. (1911): Wandlungen und Symbole der Libido. Teil 1. (Jb 1911, (4)1) weicht von dieser frühen Fassung deutlich ab.
Freud zitiert Scherner in der Traumdeutung mehrfach
K. A. Scherner (1861): Das Leben des Traumes. Berlin 1861.
Freud zitiert daraus in der Traumdeutung einen Traum: (G. W. II/III, S. 232: zwei Reihen schöner, blonder Knaben, die Zähne bedeuten, greifen sich gegenseitig an).Stekel, Wilhelm (1911): Die Sprache des Traumes. Wiesbaden, 1911.
Mitras]
Miss Miller] Miss Frank Miller, Patientin von Theodore Flournoy, schrieb ihre Phanstasien nieder, Flournoy publizierte sie unter dem Titel ›Quelques faits d'imagination creatrice subconsciente‹ in den Archives de psychologie. 1906, Bd. V (Genf).
Der englische Originaltext erschien 1907:
Miller, Miss Frank (1907): Some Instances of subconscious creative imagination. Introduction by Prof. Th. Flournoy. Journal of the American Society for Psychical Research. 1907, Vol 1, Iss 6:287-308
https://archive.org/details/sim_journal-of-the-american-society-for-psy…
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