• S.

    Briefpapier von der Hotel‑Pension „ Noordzee“

    Noordwijk aan Zee, 10.8.1910.

    Lieber Freund

    Ihr Brief hat mich beschämt u meine gute 
    Laune wiederhergestellt. Wahrscheinlich 
    haben Sie Recht, daß man den Lauf der Dinge 
    kaum bewußt regiren kann, sondern interessirt 
    zuschauen muß, wie die dunkeln Mächte 
    ihn gestalten. Wir haben uns mit etwas 
    eingelassen, was größer ist wir. Da heißt es 
    bescheiden sein.

    Von Ferenczi höre ich, daß das Jahrbuch sehr 
    guten Eindruck. macht; ich habe es noch nicht 
    hieher bekom̄en können. Auf meine Frage, 
    ob ich eine Vorrede zur neuen Auflage 
    der Sammlung loslassen soll, haben Sie 
    nicht geantwortet. Ich habe wenig Lust dazu. 
    Jones war 2½ Tage hier, persönlich sehr befried-
    igend

  • S.

    er scheint gesichert. Er hat nur eine Geschichte als selbst 
    erlebt erzält, die meine Buben dann als eine 
    alte Anekdote entlarvt haben. Als Ihre Auf-
    forderung kam, ihn nach Ihrem Brief zu fragen, 
    war er schon fort.

    Unsere Reise im Sept ist noch nicht sicher umschrieben 
    da wir noch keine Plätze auf dem Schiff, das am 29 von 
    Antwerp abgeht, bekom̄en konnten. Jedenfalls 
    werde ich mir anmerken, daß Sie im Sept zu Hause 
    sind u Ihnen häufig Nachricht geben. Die Gesell-
    schaft vom Washington (Stern ausgeschloßen) auf 
    dem Palatin wäre keine geringe Versuchung!

    Ihrer lieben Frau unsere innigsten Glück-
    wünsche. Hoffentlich macht Ihnen auch die Entwicklg. 
    des kleinen Franz bereits Spaß. 

    Es ist hier wunderschön u ich bin noch im̄er sehr 
    dum̄ und faul. Ich lese MotIey’s Rise of the 
    Dutch Republic, um zu studiren, wie das un-
    wahrscheinlich Geringe durch Hartnäckigkeit 
    u unerschütterlichen Vorsatz groß wird.

    Ihr herzlich ergebener
    Freud