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S.
PROF. DR. FREUD WIEN, IX. BERGGASSE 19.
19 Dez 10
Lieber Freund
Der heutige Tag hat alles auf einmal
gebracht: einen Brief Bleulers, seine
Antwort auf ein Telegram̄ von mir
und das Jahrbuch mit der Apologie. Ich
beeile mich, Ihnen den Stand der Sache
mitzutheilen.Bleuler schrieb, er würde Sonntag früh 6h (mein
Sohn sagt 6.55) in München ankom̄en
fragte, wo wir uns treffen u wann ich
abzureisen gedenke. Letztere Frage war
geeignet, mich in Verlegenheit zu bringen
Ich depeschirte also: Akzeptire dankend, anfrage
wie lange Sie München bleiben, erhielt
soeben die Antwort: habe leider
für alles nur zwei Tage. Die weisen
Frauen meines Hauses meinen, das heiße,
er reise schon Montag mittags (1h 50) ab
u werde doch nicht zwei Nächte reisen.
Jedenfalls muß er Montag abends 11h
weg, u ich bleibe Ihretwegen in München.
Wenn Sie Montag nachmittag abgehen,
sind Sie abends bei mir u müßten
höchstens sich einige Stunden verborgen
halten. Ich gedenke im Parkhotel -
S.
abzusteigen, wohin ich ihn natiirlich auch
dirigiren werde.Die Apologie habe ich natürlich erst nur
anblättern können, sie ist vor einer
Stunde angelangt aber es ist doch
merkwürdig, daß er seine Unarten
privatim erledigt, so daß er öffentlich
seinen Mann stellen kann. Ich denke,
das wird uns enorm nützen. Im letzten
Abschnitt dürften die Bedenklichkeiten
sich eine Zuflucht geschaffen haben. Aber es
ist vornehm und gut.Also auf Wiedersehen. Den
Dank für diesen Band will ich
Ihnen persönlich sagen.
Ihr
Freud