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S.
Herrn Dr Otto Rank
bei Krakauer Zeitung
Dunajewskigasse 5
KrakauSalzburg 26. 7. 16
H. BristolLieber Herr Doktor
Heute Ihre Karte erhalten. Ich bin,
wie ich Ihnen bereits geschrieben
von Gastein nach 22st. Aufenthalt
unbefriedigt zurückgekom̄en und
habe hier mit Frau, Schwägerin u Tochter
ungerne Aufenthalt genom̄en. Es
bedeutet eine Art Verzicht auf
die intime Beziehung zur Natur,
die ich sonst im Som̄er suche, aber
dieser Som̄er lässt sich so schlecht
an, die Ernährung macht solche
Schwierigkeiten, u die Auswal der
Aufenthalte ist so gering daß man
sich wenigstens mit dem freuen
muß, was man hier haben kann,
Ruhe, schöne Wege, städtische Behag-
lichkeit in Wohnung u Lebensführg.Ich habe hier bereits die erste
Vorlesung der Neurosenlehre -
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geschrieben, werde mich vielleicht zwang-
los weiter arbeiten, die neue
Auflage des Alltagslebens vorbe-
reiten, die Karger verlangt hat
udgl mehr.Mit der Zeitsch ist ein Malheur
passirt, an dem Heller im Grunde
doch wieder schuldig ist. Pr. in Teschen
hat nach vielen Mahnungen end-
lich etwas geschickt, nicht die fertige
Num̄er, sondern eine erste oder
zweite Korrektur. Er bestritt
dann, die am 31/5 abgeschickte im-
primirte erhalten zu haben. Frau Fischer
meinte, er habe den Satz nicht
so lange stehen lassen können,
er hat wol aus Hellers Benehmen
den Eindruckbekom̄en,beneh
daß er sich da nicht viel zu sorgen
braucht. Da Sachs bereits abgereist
war, mußte ich die ganze Korrektur
neu machen, erhielt sie aber zwei -
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Tage darauf, sorgfältig ausgeführt, zurück,
so daß ich sie noch vor der Abreise
imprimirt zur Fischer tragen kon̄te.
Seither habe ich von Heller nichts mehr
gehört u nichts erhalten, natürlich
nicht versäumt, dorthin meinen
Aufenthalt anzugeben.Die holländ. Ausgabe des Alltagslebens
von Stärcke, die sehr gut aussieht
ist die einzige weitere Neuigkeit.Unlängst ist mir in einer schlafgestörten
Nacht (Seltenheit bei mir!) eine
ganze Theorie der Sage eingefallen,
die sich auf Ihre Lösung Helena =
Stadt stützt. Seither ist nichts dazu
gekom̄en; wenn Sie auf Ihrer
längeren Urlaubsreise ein Zusam̄en-
treffen ermöglichen, werde ich’s
Ihnen erzälen. Bemerken Sie nur,
daß es ein Fall von Symbolum-
wendung ist, nicht die Stadt für das
Weib sondern umgekehrt. Das kann -
S.
nicht unwichtig sein.
Es scheint, dass wir Ernst auf Urlaub
erwarten dürfen. Von Martin
zeitweilig Nachrichten. Er scheint an
einer nicht sehr unruhigen Stelle.Ich freue mich, dass Ihre Berichte
über subjektives Befinden jetzt
regelmässig freundlich lauten
u grüße Sie herzlich
Ihr
FreudP.S. Dr Brecher war nach 2 J. auf
einen Tag Urlaub in Gastein u
gerade an dem haben wir ihn
getroffen. Er ist unverändert
verträumt, außer der Welt,
übrigens in Zell a. S. kommandirt.
Hotel Bristol
Salzburg 5020
Oostenryk
Krakauer Zeitung, Dunajewskigasse 5
Krakau 30-001
Pole
C39F4