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S.
PROF. DR. FREUD
WIEN IX., BERGGASSE 19Villa Schüler
Semmering23.7.24.
Lieber Herr Doktor
Boni & Liveright danke ich es, daß ich
wieder von Ihnen gehört habe. Zu dieser
Sache bemerke ich nur, daß ich jede von
Ihnen gefällte Entscheidung angenom̄en
hatte u es auch leicht tragen werden, wen̄
nichts daraus wird. Sie haben gewiß recht, das
Prestige vorauszustellen. Nur meine ich, Sie
handeln im Geldrausch, wenn Sie $ 1000
fordern wollen. $ 300 mit event. Herab-
setzung auf $ 250 dürften dem Fall ent-
sprechen und werden B & L. im̄er noch
imposant u unmöglich vorkom̄en. Mein
Neffe deutete noch an, daß der Verleger etwas
anderes zu den 5 Vorles hinzunehmen will.
Das müßte man gründlich verhindern. Deuticke
hat keine Rechte auf dies Buch, das in Amerika
J. of Psychology unabhängig gleich‑ oder
selbst vorzeitig abgedruckt worden ist.
Wenn es Europa wäre, wo der Anspruch
einer Zeitschrift – nach längstens 3 Jahren
erlischt, wäre an meinem alleinigen
Verfügungsrecht kein Zweifel. Vom
amerikan. Urheberrecht weiß ich nichts;
giebt es eines? Man müßte fragen.Es ist mir sehr erfreulich, daß Edward
B.[ernays] sich nach meiner Kabelantwort doch
wieder an Sie gewendet hat. Obwohl harter
Amerikaner, ist er doch ein guter Kerl.
Schade, daß Sie es mit ihm nicht besser ge-
troffen haben. Auf meine Vorhalt-
ungen hat er mir ausführlichen Bericht
über Ihre Formverfehlungen geschickt,
was mir weitere Vermittlungen allerdings
schwer macht. Ich habe ihm nahe gelegt zu
bedenken, was für Zufälligkeiten
auf Ihrer Seite mitgespielt haben
mögen, und versichert, daß IhnenJ. Psychology: Journal of Psychology
Meine Neffe / Edward B.: Edward Bernays
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S.
geringschätzige Absicht gewiß ferne lag.
Vorgestern erhielt ich Brief von T. Burrow, der
über Ihre Geburtstheorien beunruhigt Aus-
künfte von mir verlangt. Ich werde beschwich-
tigend antworten, er hatte sonst keine
Beziehung zu mir, war glaube ich, Jungianer
u scheint nach Onkel Max’ Bericht ein
heilloser Narr. Doch hat die Sache selbst mich
wieder ergriffen. Ich bin wirklich in den
Monaten seit unserer Tren̄ung noch
weiter von der Zustim̄ung zu Ihren Neuer-
ungen abgekom̄en, habe an meinen Fällen,
auch den zwei zu Ende geführten nichts gesehen,
was dazu stimmt, u überhpt nichts anderes.
als was ich schon wußte, die finale Geburts-
phantasie scheint mir im̄er noch das Kind zu
bedeuten, das man dem Vater‑Analytiker
schenkt! Ich mache mir oft große Sorge um Sie.
Die Ausschaltung des Vaters in Ihrer Theorie
scheint mir doch allzusehr den Einfluß
persönlicher Momente aus Ihrem Leben, die
ich zu kennen glaube, zu verraten, und
mein Argwohn steigt, daß Sie dies Buch
nicht geschrieben hätten, wenn Sie selbst
durch eine Analyse gegangen wären. So möchte
ich Sie sehr bitten, sich nicht zu fixiren –
sich einen Rückweg offen zu lassen.Mein Befinden ist vielleicht recht gut,
für mich im̄er noch zweideutig. Der Beschwer-
den sind so viele, daß doch keine behagliche
Stim̄ung u. keine Sicherheit aufkom̄t. Andere
müßen ähnlich denken, den̄ in Wien waren Ge-
rüchte über eine ernste Verschlin̄erung
meines Befindes verbreitet, die das N. W.
Journal – ungebeten – registrirt und demen-
tirt hat. Deutsch habe ich als Arzt abgesagt.
Indeß erfreue ich mich der schönen Gegenwart
auf dieser Berghöhe und schreibe wieder
einmal eine Geschichte der ΨΑ für die
Grote’sche Sammlung von „Selbstdarstellungen“.Mit vielen herzlichen Grüßen
Ihr
Freud -
S.
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S.
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S.
Villa Schüler
Semmering 2680
Oostenryk
C39F7