• S.

    PROF. DR. FREUD 
    WIEN IX., BERGGASSE 19

    23.3.24

    Lieber Herr Doktor

    Ich bin fest davon überzeugt, 
    daß Ihnen meine kritischen 
    Bemerkungen am letzten 
    Mittwoch wenig Eindruck 
    hinterlassen haben. So geht 
    es, wenn man im Banne 
    eines neuen Gedankens 
    steht. Es ist dann wirklich am 
    besten, wenn man in Ruhe 
    gelassen wird. Wenn nur 
    Ferenczi nicht immer soviel 
    Wert auf die volle Über-
    einstimmung mit mir legen 
    würde! Ich fordere sie ja gar 
    nicht, seien wir in Gottes 
    Namen einmal verschiedener 
    Ansicht!

    Eitingon will am 13 April hieher 
    kom̄en u dann mit uns nach 
    Salzbg reisen. Mit ihm kön̄en 
    Sie auch die schwebenden 
    Parteifragen besprechen.

    Es ist mir ein Weg eingefallen, 
    wie wir die Oedipusarbeit 
    veröffentlichen können (in 
    Zeitsch. u Gesamtausgabe), ohne 
    den unerwünschten Eindruck

  • S.

    hervorzurufen. Ich füge noch etwas 
    hinzu, was mir eingefallen 
    ist, u schließe mit der Be-
    merkung, daß Ihr Tr. d. Geb. 
    eine Diskussion notwendig 
    machen würde, welche mir aber 
    verfrüht scheint oder so 
    ähnlich. Die Arbeit ist jetzt 
    fertig, wird von Anna ab-
    geschrieben werden, steht 
    Ihnen dann zur Verfügung.

    Ich bin seit meiner 
    Schnupfengrippe ständig so 
    müde, daß ich auch zur 
    nächsten Vereinssitzung 
    nicht kommen werde. Daher 
    bin ich fest entschloßen, die 
    Praesidentschaft an Sie ab-
    zugeben. Am liebsten noch vor 
    dem Kongreß, so daß Sie dort 
    in Ihrer neuen Funktion 
    auftreten können. Es macht 
    dann nichts, wenn der Verein 
    seine offiziellen Sitzungen 
    bis zu Ihrer Rückkehr 
    im Oktober unterbricht.

    Mit herzlichem Gruß
    Ihr 
    Freud