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S.
PROF. DR. FREUD
WIEN. IX., BERGGASSE 19
i. n. Tegel21. 7. 30.
Meine liebe Ruth
Ich muß Sie in Ihrem schönen
Haus in Gsee begrüßen.
Viel Glück u Genuß mit
oder ohne Besucher! Sagen
dem lieben Ort von mir
aus, wie sehr ich bedaure
usw. Ein bischen ist es
Ihre Schuld, wenn ich noch
nicht dort bin. Ich bin
überzeugt, daß Sie Schr.
geschrieben haben, er
soll mich nicht entlassen,
ehe der letzte Rest des
unbehaglichen Drucks
beseitigt ist, und er
folgt Ihrer Mahnung.
Dieser hartnäckige Rest
erfordert wahrscheinlich
noch ein Wegnehmen
von der Prothese und
dazu entschließt er
sich so schwer, weil er -
S.
so verantwortungsvoll ist. Sonst
ist sie wirklich nicht schlecht.
Aber die Gefangenschaft,
das Nichtsthun, der bestän-
dige Aufschub sind nicht
leicht zu ertragen.Ich lese Ihre Briefe sehr
gern, sie sind so lebens-
voll wie die Kinoauf-
nahmen. Sie geben einem
das Gefühl mit Ihnen zu
sein und Ihre Existenz
zu theilen. Auf Til bin
ich natürlich schon sehr
gespannt. Wieviel Zähne?
Und alle echt natürlich!
Unsere Resource hier ist Ernst.
Mit seiner Familie nett zu
sein, ist ein besonderer
Vorzug.Es schwebt etwas, was ich noch
nicht verrate. Hoffentlich
geht der Kelch an mir
vorüber, obwol er
mit etwas gefüllt ist.Herzlich für Sie u Mark
Ihr
FreudDavid’s Entlassung kann ich nicht bedauern.
Sanatorium Schloss Tegel
Berlin 13507
Germany
Villa Roth
Grundlsee 8993
Austria
C20F3