• S.

    PROF. DR. FREUD    WIEN IX., BERGGASSE 19

    17.III.26.

    Liebe Ruth

    Ich habe mit Befriedigung gehört, dass Sie 
    wieder hergestellt sind, und mich besuchen wollen. 
    Aber mit Bedauern, dass Ihnen die angebotene 
    Zeit nicht genügte, weil ich aus Ihrer Ablehnung 
    schliessen musste, dass Sie ein Stückchen an 
    Ihrer unfertigen Analyse mit mir weiterarbeiten 
    wollen. Nun wird mir gerade das jetzt ziemlich 
    schwer. Vielleicht ist es die Folge der 
    Athmosphäre im Sanatorium, vielleicht aber der 
    direkte Ausdruck der durch die Entwöhnung des 
    Rauchens herabgesetzten Leistungsfähigkeit, kurz 
    die Wahrheit ist, dass ich meine drei Behand-
    lungsstunden nur mit Mühe erledige und eine deut-
    liche Erleichterung empfinde, wenn man mich mit 
    allen ernsteren Dingen in Ruhe läßt. Auch haben 
    sich die Beschwerden von Seiten meiner Schwel-
    lungen zuletzt so gesteigert, dass ich den in 
    manchen Hinsichten idealen Aufenthalt im Ganzen

  • S.

    doch unangenehm empfinde.  Lassen Sie sich also 
    bestimmen, einen kurzen freundschaftlichen 
    Besuch zu verabreden und warten Sie weiterhin in 
    Geduld ab, ob meine frühere Tüchtigkeit bald 
    wiederkehrt.

    Mit herzlichen Grüßen für Sie und Mark 
    Ihr
    Freud