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S.
PROF. DR. FREUD
WIEN, IX., BERGGASSE 19.17. XII. 1928
Dear Ruth
Nur eine eilige Antwort
auf Ihren Brief über Wittels
u sein Dilemma.Sie mögen ja die Neigung
zu klarsten Urteilen haben
und in x Fällen Recht
haben. Sie haben auch darin
Recht, daß es mir ungeheuer
gleichgiltig ist, ob er seine
Biographie von mir in
der zweiten Auflage re-
vidiert oder nicht. Aber
die Sache steht – meiner
Erinnerung nach – so. Als
er Mitglied werden
wollte, wurde diese
Biographie ihm vorge-
halten. Er versprach
darauf sie in einer
zweiten Auflage nach
seinen neueren und
besseren Einsichten
abzuändern. Wird es b
ekannt, daß er das nicht
oder in unaufrichtiger
ungenügender Art
gethan hat, so wird
ganz gewiß der Antrag -
S.
gestellt werden ihn auszuschließen.
Sehr beliebt ist er ohnedies
nicht u mir wird es
gewiß nicht einfallen, einen
Finger für ihn zu rühren.
Er hat also zu wälen.Nun ist die Frage,
wie macht man ihm das
klar, wenn er von
unserem Verkehr darüber
nicht erfährt. Dies über-
lasse ich Ihrem bewährten
Scharfsinn.Ich bin froh zu hören, daß
Ihre Galle braver ist.
Marie wird an ihrer
Cystitis lange zu tragen
haben, David benim̄t
sich so, daß ich ihm in
Aussicht stellen mußte,
ihn als Paranoiker los-
zulassen.Die herzlichsten Weihnachts-
wünsche für die ganze
kleine Familie
von Ihrem
Freud