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Berlin-Grunewald, den 16. Mai 1922.
Bismarckallee.Liebe Freunde!
Eitingon ist von der Wiener Reise zurückgekehrt und brachte
uns 2 gute Nachrichten mit. Vor allem freuten wir uns zu hören, daß
es Herrn Professor trotz der Nähe des Sommers so gut geht und daß
er den Eindruck vollkommener Frische machte. Sodann vernahmen wir
gern, wie gut sich die neuen Räume des Verlages ausnehmen. Wir dürfen
besonders Dir, lieber Rank, zu dieser neuen Errungenschaft noch ein-
mal gratulieren. Von uns ist zu berichten, daß die Sitzungen auch
während des Sommers dreimal monatlich stattfinden und stets gut be-
sucht sind. Seit kurzem haben wir 2 neue ständige Gäste, nämlich
Dr. Schultz-Hencke, bisher an der psychiatrischen Klinik in Würz-
burg und Dr. Cohn, bisher an der städtischen Irrenanstalt in Stutt-
gart. Beide haben sehr gute psychiatrische Vorbildung.Vor kurzem bekam ich (A.) einen Brief von Hattingberg in Mün-
chen, der seine längst bekannten Widerstände wieder einmal äußern
mußte. Er meldet zum Kongreß einen Vortrag an: »Zur Analyse der
analytischen Situation«. Ich habe ihn wegen der Anmeldung sowie we-
gen seiner sonstigen Wünsche an Flügel gewiesen, ihm aber auch schon
ausführlich meine Meinung über die betreffenden Fragen ausein-
andergesetzt. Er verlangte, auch im Sinne von Wittenberg und Mar-
cinowsky, Diskussionen auf dem Kongreß, weiteste Zulassung von Gästen.
Wie ge- sagt habe ich ihm sehr eindringlich die Gegengründe auseinanderge-
setzt.In unserer Vereinigung wurde kürzlich angeregt, ob etwa in be-
sonderen Fällen auf einen Antrag aus der Versammlung die Diskussion
über einen Vortrag stattfinden könne. Es wäre uns angenehm, darüber
Ansichten zu hören.Kürzlich bekam ich aus der Schweiz von einem Patienten einen
Brief, der anfragte, ob ich bereit sei, für ein geringeres Honorar
in Schweizer Franken zu behandeln als Dr. Oberholzer. Ich habe
entschieden abgelehnt, weil ich eine solche Unterbietung für unstat-
thaft halte. Da in neuerer Zeit öfter Anfragen aus dem Auslande
kommen, bringe ich den Fall zur Kenntnis.Unsere Kurse beginnen im Laufe einer Woche. Außerdem hält
Sachs für zwei Amerikaner einen privaten Kursus. Die beiden Teilneh-
mer sind Dr. Blitzstein, ein früherer Patient von Rank, und Dr. Okkan.Am 27. Mai spreche ich in Leipzig in der Studentenvereinigung.
Bei einer Zusammenkunft besprachen wir drei die Arbeit von Grod-
deck
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deck im letzten Heft und waren übereinstimmend der Ansicht, dass sie
durch die Einseitigkeit der Symboldeutung einen Rückschritt in der
Betrachtungsweise bedeutete. Sie erinnert all zu sehr an die bequemen
Deutungen von Stekel.
Wien! Wir möchten noch einmal um Zusendung von Briefpapier
bitten!
Es freut uns zu hören, dass die Arbeit von Alexander Herrn Pro-
fessors Beifall findet. Alexander ist ohne Zweifel der weitaus be-
gabteste unter allen unseren jüngeren Mitgliedern und wird sicher
Originelles leisten.
Die Räume, die wir für den Kongress gemietet haben, sind für
die Veranstaltung einer Ausstellung des Verlages sehr geeignet,
wie sie überhaupt allen Anforderungen voll entsprechen werden.Auf Deine Anfrage, lieber Rank, antworte ich, dass ich mit dem
Abdruck meiner zwei Beiträge zur Symbolik in der Imago einverstanden
bin. Nur möchte ich bitten, sie dann, wie kürzlich vorgeschlagen, un-
ter einer Überschrift vereinigt abzudrucken, damit diese kleinen
Artikel nicht all zu sehr verstreut werden.Ich danke Dir noch für den Brief wegen der Druckfehler in den
Vorlesungen. Der eine, von mir angegebene geringfügige Druckfehler
befindet sich nicht Seite 182, sondern 184 am Schlusse des zweiten Ab-
satzes.Von dem englischen Journal besitze ich nur das erste Heft des
ersten Jahrganges. Sachs wird noch eine Notiz beifügen, welche Hefte
er besitzt. Eitingon ist im Besitz des bisher erschienenen. Sachs und
ich möchten gern gebundene Exemplare haben, eventuell gegen Zuzahlung
der Kosten des Einbandes.Budapest. In unserer Vereinigung ist lebhaftes Interesse da-
für vorhanden, Róheim im Herbst nach dem Kongress eine Serie von
Vorträgen halten zu lassen. Wir glauben, dass es möglich sein wird,
ihm eine ausreichende Summe an Einnahmen zu garantieren, von denen
er den Aufenthalt für sich und seine Frau für einige Wochen bestreiten
kann.Dir, lieber Ferenczi, danken wir noch einmal auf diesem Wege
für Zusendung des Bildes.Die Notwendigkeit, Subkomitees zu bilden, leuchtet uns nicht ein.
Gerade Ferenczi scheint doch seine Leute fest an der Hand zu haben.
In Berlin besteht kein Bedürfnis dieser Art.London:
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London. Die mitgesandte Drucksache ist sehr interessant, beson-
ders die Aeusserungen über ps. A. auf Seite 3. Eine ganz ähnliche
Vortragsserie wie die Londoner findet übrigens zur Zeit in Berlin
statt. Sie wird von einem Hilfsverband russischer Juden veranstal-
tet. Den Vortrag über Freud hält eine in Wien bereits bekannte
Frau Dr. Lowtzky.Mit besten Grüssen
Abraham Sachs
EitingonVom Journal besitze ich:
Vol I, Part I
Vol II, Part 1, 2, 3/4.