S.
Berlin 5.3.23
Liebe Freunde,
Auch unser Brief geht verspätet ab. Infolge Überlastung mit
andern Aufgaben ist es mir (A) in letzter Zeit an den Wochentagen nicht
möglich gewesen, die Rundbriefe zu schreiben. Wir dürfen uns wohl gegen-
seitig in dieser Beziehung kleine Abweichungen concedieren, wenn das
Prinzip gewahrt bleibt, daß die Briefe Anfang und Mitte des Monats
versandt werden.
Von hier ist zu melden, daß die im letzten Brief geschil-
derte Steuer angenommen worden ist. In der gleichen Sitzung wurde
Frau Klein zum ordentl. Mitglied gewählt, Frl. Schott zum ausser-
ordentlichen.
Ich (A) hatte am 3. März in Hamburg einen Vortrag zu halten,
der ganz im akademischen Rahmen stattfand. Die meisten Mitglieder
der philosophischen Fakultät waren anwesend. Der Einberufer wußte eine
unfruchtbare Diskussion in geschickter Weise zu verhindern. Die Bei-
lage braucht nicht zurückgesandt zu werden. Das Interesse der Uni-
versitätskreise in H. überraschte mich, zumal der Psychologe Stern
& der Psychiater Weigand nebst andern Ärzten dort stark gegen uns
agitierten. Nach meinem Vortrag forderte der Professor für afrikan.
Sprachen etc., Dempwolff, unser Mitglied Foerster zu einem Vortrag im
religionswissenschaftlichen Seminar auf.
Dir, l. Ernest, zur Nachricht, daß ich das Kondolenzschreiben
sogleich weitergesandt habe. – Was das chinesische Zeichen für „Ubw“
betrifft, so hat Prof. Chang es bereits selbst geändert. Ich werde mir
das neue Zeichen verschaffen & es nächstes Mal mitteilen.
Wegen des Verlages hat Eitingon sich schon mit Dir, l. Otto,
in Verbindung gesetzt.
Die Uebersiedelung der Frau Spielrein nach Rußland scheint
auch uns am richtigsten.
Meng (Stuttgart) sandte auch hierher seine Arbeit, die durch-
aus anzuerkennen ist. M. war eine Zeit lang Gast unsrer Gruppe, nahm
auch an unsern Kursen teil, ging später nach Stuttg. und ließ nie
mehr von sich hören. Natürlich würden wir die eingesandte Arbeit einem
hier gehaltenen Vortrag gleich achten. Bisher ist die Frage der Auf-
nahme aber nicht aktuell, da M. den Wunsch danach noch nicht geäußert
hat.
Dein Brief vom 1. März, l. Sándor, ist bereits eingetroffen. Wir
wünschen Dir gute Rekonvaleszenz und gratulieren zugleich zur
Schreibmaschine!
Allen unsere besten Grüsse!
Eitingon Abraham Sachs
[Handschriftlicher Nachtrag:]
Lieber Otto, soeben Brief erhalten.
Einverstanden! Dein Karl