S.

Berlin, 3. 10. 23
Liebe Freunde,

was uns alle in diesem Augenblick bewegt, ist die Teilnahme an
Ihrem Gesundheitszustand, lieber Herr Professor. Mehr davon zu sagen
ist nicht notwendig, denn Sie wissen gut genug, wie wir zu Ihnen 
stehen. Aber was wir heute sonst zu schreiben haben, tritt an Bedeu-
tung hinter diesem einen Gedanken zurück. Wenn die Kraft unsrer ver-
einten guten Wünsche sich zusammentut mit Ihrer bisher so unver-
wüstlichen Gesundheit, dann müssen wir bald Nachrichten aus Wien be-
kommen, die uns die volle Zuversicht in Ihre Wiederherstellung geben 
werden.

Unsre guten Wünsche senden wir zu gleicher Zeit auch Dir, l. Ernest.
Wir hoffen, daß wir bald von Deiner völligen Wiederherstellung
hören werden!

Von hier ist nicht viel zu berichten, aber das Wenige ist gut.
Wir eröffneten die Tätigkeit der Vereinigung mit einem Vortrag von
Dr. Loofs, der seit längerer Zeit unser Gast ist, über einen analysierten
Fall von Schizophrenie. Trotz mancher Mängel, die in der Diskussion
besprochen wurden, eine tüchtige Leistung. Innerhalb der Vereinigung
will sich eine kleine Gruppe zur Besprechung pädagogischer Fragen
bilden. Mit Anmeldungen von Vorträgen sind wir reichlich versehen. Da-
runter ein Referat von Sachs & Radó über Ich und Es.

Kürzlich war hier der Leiter einer Erziehungsanstalt in Frankfurt,
der analytisch interessiert ist und sich auf unsre Veranlassung mit
Landauer in Verbindung gesetzt hat. Es sieht aus, als wenn sich in Fr.
um Landauer und Frau Dr. Happel ein kleiner Kreis von Interessenten
gruppieren wird. In Hamburg bildet sich ein solcher Kreis um Foerster,
der sich dort sehr bewährt. Ich (A) werde in einiger Zeit in Hamburg ei-
nen Vortrag halten.

Aus Argentina ist eine Familienzeitschrift (El Hogar, d. h. der
Herd) herübergekommen, die einen illustrierten Artikel bringt: Los
precursores del psicoanalisis. Sie, l. Herr Professor, sind in der 
Mitte der Seite abgebildet, flankiert von den beiden großen Vorläufern
Edgar Allen Poe und Dostojewski!

In den nächsten Tagen sende ich an Dich, l. Otto, den zweiten
Teil des Manuskriptes, dessen ersten ich Dir in Italien gab. Vor einigen
Tagen gab ich meinen in Oxford gehaltenen Vortrag nach England in Druck. 
Er erscheint deutsch im Kongreßbericht, englisch im Journal of Medical 
Psychology.

Eitingon ist noch auf Reisen. Briefe an die Adresse von Sachs 
Berlin-Charlottenburg, Mommsenstraße 7 – erbeten. Wir haben den ver-
abredeten kurzen Rundbrief von Mitte September nicht erhalten. Viel-
leicht hat außer uns jemand einen solchen versandt, vielleicht ihn aber
auch an Eitingon geschickt, so daß wir ihn nicht erhalten konnten, da
Schmideberg verreist ist, der uns da hätte helfen können.

Mit unseren besten Grüßen
Sachs Abraham