S.

Berlin, 16. 9. 23
Liebe Freunde,

Wir treten in den erneuten Briefwechsel mit zwei Hoffnungen
ein, daß Sie, lieber Herr Professor, von Rom in vollkommener körperli-
cher und seelischer Frische zurückkehren, und daß die gemeinsam in
den Alpen verbrachten Tage unserem engeren Kreise die innere Festig-
keit gegeben habe, die er für die Zukunft benötigt.

Wir Berliner sind in schwierige Verhältnisse zurückgekehrt.
Unsre Gruppe hat aber ihre Sitzungen mit einem geselligen Abend
wieder aufgenommen und es scheint, daß wir trotz der schlimmen poli-
tischen Lage mit gutem Mut an die Arbeit des Winters gehen dürfen.

Die Praxis schien anfänglich sehr bedroht, doch scheint es, daß alle
sich werden über Wasser halten können. Ich (A) konnte in den letzten
Tagen immerhin drei Patienten an die jüngeren Kollegen weiterleiten.
Die Poliklinik hat 2 tüchtige neue Mitarbeiterinnen gewonnen: Frau
Dr. Kempner (Wiener Mitglied) und Frau Dr. Naef, eine psychiatrisch & 
neurologisch sehr gut ausgebildete Ärztin.

Seit Kurzem ist hier der von Dir, l. Otto, analysierte Kalifor-
nier. Für die Zukunft möchten wir bitten, uns vorher solche An-
kömmlinge zu avisieren, damit wir wissen, wie wir uns in jedem Falle
dem Betreffenden gegenüber zu verhalten haben.

Sachs ist von der russischen Zeitschrift „Junge Garde“ auf-
gefordert worden, eine Artikel-Serie über Psychoanalyse zu schreiben.

Das Doppelheft des Journal und die pädagogische Nummer der
Imago sind eingetroffen, bzw. fanden sich bei der Rückkehr aus den
Ferien hier vor.

Diesem inhaltsarmen Brief fügen wir beste Grüße und Wünsche
für ein erfolgreiches Winter-Semester hinzu!

Sachs    Abraham