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S.
18.3.12
Prof. Dr. Freud Wien, IX. Berggasse 19.
Lieber Freund
Ihr Hypochondriegebäude ist sehr respektabel. Ich bin dabei, es zu Ostern zu diskutieren. Was ich heute schreibe, ist nur das Bekenntnis meines bisherigen Standpunktes: Ich habe das Dunkel in der Hyp[ochondrie]frage immer als eine schwere Schande für unsere Bestrebungen empfunden, aber bis auf Vermutungen nichts zustande gebracht. Das Problem schien mir: Charakterisierung durch besondere Organquelle oder besonderen Prozeß. Und mit Hinblick auf die Zwangsneurose habe ich für letzteres optiert, während Sie das erstere wählen. Dem Prozeß dachte ich mir die Hyp[ochondrie] als die dritte Aktualneurose und die somatische Grundlage der Paraphrenie wie die Angstneurose der Hy[sterie]. Ich zog also die erogenen Beiträge der Organe, die anstatt zur Libido zum Ich geschlagen werden, aber mit neg[ativem] Vorzeichen, aber es ist nichts Konsistentes daraus geworden, und ich will ja nichts zwingen, was sich nicht bereitwillig fügt.A
Wenn es Ihnen recht ist, wollen wir die Insel Arbe für unsere Osterreise in Betracht ziehen. Vielleicht erkundigen Sie sich nach den Verbindungen, die von Fiume aus gehen müssen. Ich werde hier das gleiche tun. Lussin kenne ich bereits, es war aber [nicht?] sehr interessant.
Bei Elma stockt es in der Tat gänzlich, ich glaube zu wissen wo[,] im Narzißmus. Das Frühere ist natürlich nicht verloren, sondern definitiv erledigt, wie ihr verändertes Wesen bezeugt. Auch bei dem neuen Knoten kann jeder Tag die Lösung bringen, aber ... Ostern ist nahe, und ich will sie nicht über Ostern halten, habe auch drei Neuanmeldungen für die Zeit nachher.
Heute ist der Reindruck der Imago gekommen, noch in dieser Woche erwarten wir die Ausgabe des Heftes, die wir durch ein Redaktionsfest feiern wollen.
Ihre trefflichen Beiträge zu den Ratschlägen werden Sie im Zentralblatt zunächst nicht verwertet finden. Sie greifen in den nächsten technischen Aufsatz, den ich nach gebührendem Intervall beabsichtige.1
Herzl Grüße für Sie und Frau G.
Ihr Freud
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A Die beiden letzten Sätze so in der Handschrift.
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S.
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