• S.

    26. 11. 24

    Liebe Freunde!

    Wir ergreifen gern die Gelegenheit, den Briefwechsel,
    der vor längerer Zeit sehr gegen unseren Wunsch unterbrochen wurde,
    wieder aufzunehmen. Ganz besonders freuen wir uns, daß die An-
    regung dazu von Deiner Seite, lieber Sándor, ausgegangen ist.
    Wir hoffen, daß das wiedererweckte Komité in Zukunft ohne innere
    Schwierigkeiten zusammenarbeiten wird und werden hierzu gern das
    Unsrige beitragen.

    Mit besonderer Freude begrüßen wir die Bereitschaft des
    Herrn Professors, an unserem Briefwechsel in der alten Weise teilzu-
    nehmen. Wir hatten erwartet, daß Fräulein Anna die Korres-
    pondenz führen werde. Doch sind wir nicht damit einverstanden, daß
    sie lediglich als Sekretärin ihres Vaters mitwirkt, sondern möchten
    sie als gleichberechtigtes Mitglied in unseren Kreis aufnehmen, damit
    sie auch an unseren Beratungen gelegentlich unserer Zusammenkünfte
    teilnehmen kann. Übrigens sind wir der Ansicht, daß die Tatsache
    unseres Briefwechsels nicht als strenges Geheimnis gehütet zu werden
    braucht, wenn auch natürlich kein Außenstehender Einblick in denselben
    erhalten soll.

    Wir haben mit Genugtuung erfahren, daß Du, lieber Sándor,
    nunmehr unsere Anschauung über das Verhalten von Rank vollkommen
    teilst. Wir würden aber auch gern erfahren, wie Du Dich zu seinen
    wissenschaftlichen Neuerungen stellst. In Salzburg schienst Du diesen
     

  • S.

    Anschauungen nahezustehen, was wir auch aus einigen Stellen Deines
    letzten Buches und insbesondere aus dem Vortrag von Róheim
    schlossen. Es liegt uns ganz fern, in abweichenden Meinungen Deiner-
    seits den Grund zu einer Entfremdung zu sehen, doch scheint es uns
    wichtig, den Wiederbeginn des Briefwechsels zum Anlaß einer rück-
    haltlosen Aussprache zu machen, damit wir dann für weitere wissen-
    schaftliche Diskussionen freie Bahn finden.

    Soweit war dieser Brief schon einmal geschrieben, als wir
    weitere Mitteilungen aus Wien, Budapest und London fast gleichzeitig
    erhielten. Wir veranstalteten deshalb gestern noch eine Zusammenkunft,
    um sogleich auch auf diese Briefe zu antworten.

    In Ihrem Brief, lieber Herr Professor, an Max schlagen Sie
    vor, Brill in unseren Kreis aufzunehmen. Wir sind im allgemeinen
    der Ansicht, daß sich unser enger Kreis zunächst wieder konsolidieren
    sollte und daß wir erst dann an eine Erweiterung denken sollten. Was
    Brill betrifft, so halten wir ihn für nicht sehr geeignet zur
    Teilnahme an der Korrespondenz. Dagegen meinen wir, er sollte von
    der Existenz unseres Kreises wissen und wir sollten ihn auffordern, an
    unserer nächsten Beratung vor dem Kongreß teilzunehmen, falls er nach
    Europa kommt.

    Im Londoner Brief, der mit gewohnter Schnelligkeit eintraf,
    finden wir den Vorschlag, noch weitere neue Mitglieder aufzunehmen.
    Wir schlagen vor, davon zunächst abzusehen und diese Frage bei unserer
    nächsten Zusammenkunft zu beraten. Die briefliche Erörterung aller
    einzelnen Fälle würde sehr kompliziert sein. Im übrigen stimmen wir
    Ernest’s allgemeinen Bemerkungen vollkommen zu.

    Da wir zunächst nur um eine Meinungsäußerung gebeten sind,
    so geben wir heute keinen Bericht im Einzelnen. Wir schlagen vor, den
    nächsten Brief am 15. Dezember zu versenden und glauben, daß wir uns
    zunächst auf einen Brief im Monat beschränken sollten.

    Mit freundlichen Grüßen

    Sachs   Eitingon   Abraham