• S.

    ad Bp., B., L., v. 21.III.21            Wien, 1. April 1921

    Liebe Freunde!

    Der Verlag hat jetzt in bezug auf die Produktion ziemlich be-
    wegte Zei- ten; fast jeder Tag bringt neue Anfragen und Manuskriptsend-
    ungen für Bücher und Artikel.

    Das wichtigste Ereignis ist, daß die Massenpsychologie bereits
    in Druck gegeben wurde und wir hoffen, daß Strachey gleichzeitig die 
    englische Übersetzung in Angriff nehmen wird. – Ferner kam das Manus-
    kript des Bernfeld’schen Sammelwerkes Beiträge zur Jugendforschung
    ein Artikel von Lou Andreas-Salomé über Narzißmus, zwei kleine Auf-
    sätze von Teslaar (Amerika), eine Arbeit von Melanie Klein über die 
    sexuelle Aufklärung, Hattingberg sandte seinen Kongreßvortrag, aus 
    Berlin kamen zwei Arbeiten: von Müller-Braunschweig und eine gute 
    Erstlingsarbeit von Dr. Alexander, der übrigens vor einigen Tagen in 
    Wien war. Last not least Ferenczis zwei Sammelbände, die der Kolnai-
    Verlag herausgeben will, und seine Groddeckkritik, die jetzt angekommen 
    ist. – Da das Meiste von diesen Manuskripten noch nicht gelesen ist (
    wann soll man denn dazu auch noch Zeit finden?), berichten wir erst 
    später darüber. –

    In Druck befinden sich und werden noch diesen Monat ausgegeben: 
    Zeitschrift Heft 1 und 2; Imago Heft 2, der Jahresbericht, der jetzt endlich 
    von Seiten der Autoren abgeschlossen wurde. –

    Vor Ostern verschickt wurde das 3. Heft des englischen Journals.

    Der Verlag hat sich die Übersetzungsrechte der 17. Fol-
    ge kleiner Schriften gesichert und gedenkt jetzt von Deuticke das 
    Übersetzungsrecht der ersten drei Folgen zu erwerben, um sämtliche klein-
    en Schriften inhaltlich neu gruppiert in fünf Bänden dem englischen 
    Publikum in guter Übersetzung zugänglich zu machen. Über eventuell be-
    stehende rechtliche Schwierigkeiten stehe ich jetzt mit Jones in Briefwech-
    sel. In Zusammenhang mit diesen englischen Übersetzungsrechten hat der 
    Professor, nachdem er seit 6 Monaten von Brill keine Antwort erhalten 
    hatte, diesem eine deutliche Absage geschrieben, worin er die Beziehungen 
    zu ihm abbricht, ihm die Autorisation für weitere Übersetzungen entzieht 
    mit dem Bemerken, daß wir für dieselben selbst sorgen werden.

    Schließlich noch die Mitteilung, daß der Verlag sich entschlossen hat, für 
    die in dem engl. Journal übersetzten Arbeiten auch ein Autorenhonorar zu 
    bezahlen, über dessen Höhe wir uns erst mit Jones verständigen wollen.
     

  • S.

    ad B.: Wir freuen uns über den befriedigenden Bericht, den Eitingon von der
    Poliklinik gegeben hat. –  

    ad Bp.: Was die von Dir, l. Ferenczi, geäußerten Bedenken betreffs des „Jen-
    seits“ angeht, so weist Du sie ja eigentlich selbst schon zurück, indem 
    Du von dem Dualismus sprichst, der ja vollkommen hinreichend ist, den fun-
    damentalen Unterschied von Jung zu kennzeichnen. Der Professor möchte sich da-
    zu auch gar nicht im Vorhinein dagegen verwahren, abgesehen davon, daß 
    gerade diese Schrift geeignet erscheint, das gebildete Publikum zu Reak-
    tionen herauszufordern, von denen die bisher erfolgten vom Professor als 
    Strafe empfunden werden und er gar keine Lust verspürt, derartige Äuße-
    rungen von Philosophen und Dichtern, wie er sie erhalten hat, zu pro-
    vozieren. – Pfister ist, beiläufig bemerkt, von einem Versöhnungsgedanken 
    mit Jung ebenso weit entfernt wie wir, l. Ferenczi; das ist vielleicht ei-
    ne der wenigen Schwächen, die man ihm nicht nachsagen kann. Im Übrigen 
    hast Du, Sándor Fasci, die philosophische Sturzwelle richtig prophezeit! 
    Über die ungarischen Verlagsangelegenheiten ging ein Brief an Ferenczi. 
    Für den Rundbrief nur viel Prinzipielles, daß der Verlag von nun an auch 
    wertvolle Arbeiten in ungarischer Sprache herausgeben wird, jedoch nicht 
    gerade mit Kolnai beginnen will, sondern mit zwei Büchern des Professors 
    (Vorlesungen und Witz), die jetzt übersetzt werden.

    Dem Züricher Bankier habe ich den gewünschten Auftrag erteilt; bit-
    te verständige Landauer, daß er Dir die Ankunft mitteilt!  

    ad London: Der Professor dankt Dir, l. Ernest, für Deine tatkräftige 
    Aktion gegen die amerikanischen Räuber, und ich glaube, wir alle bewundern 
    Dich, wie Du jetzt in den bewegten Londoner Zeiten nach allen Richtungen 
    hin vornehm und tapfer kämpfst. Wir zweifeln nicht daran, daß aus allen 
    diesen Streitigkeiten die PsA als Sieger hervorgehen wird und wissen ge-
    nau, wie viel davon wir Dir zu verdanken haben. Jedenfalls sind wir sehr 
    gespannt, mehr über alle Vorgänge zu hören. 

    Was die Frage des sek[undären] Narzißmus betrifft, so war der Professor
    in den letzten Wochen zu sehr mit der Ausarbeitung der Massenpsychologie 
    beschäftigt, um darauf eingehen zu können; er wird aber jedenfalls das 
    nicht leichte Problem im Auge behalten und sich die Sache überlegen.-

    An McCann hatte der Professor sofort, als er vom Erscheinen 
    des Machwerkes erfuhr, geschrieben. –  

    Mit herzlichem Gruß  
    [Rank Freud]