S.
Wien, am 16. IV. 25.
Rundbrief.
Liebe Freunde!
Dieser Brief wird kurz werden, wohl infolge der Osteratmosphäre
ist weder im öffentlichen noch im privaten Leben viel vorgefallen, was
von allgemeinem Interesse wäre.
Der Verlag hat zwei Bücher herausgebracht: Reik, Geständniszwang,
und Schilder, Psychiatrie auf psychoanalytischer Grundlage. Andere werden
bald folgen. Unsere Zeitschriften haben ihre Rückständigkeit leider noch
nicht eingeholt. Ich habe mehrere Manuskripte von Autoren erhalten, die
mein Gutachten verlangen. Das interessanteste eines von Alexander, bei
dem ich aber vor dem Urteil die Fortsetzung abwarte. Die Vereinstätigkeit
hat in diesem Monat so ziemlich geruht.
Von der Umarbeitung meiner Prothese in Anspruch genommen und ermüdet,
versuchte ich mir um die Ostertage völlige Ruhe zu schaffen. Ich sah
aber doch einzelne Besucher, so Pfister und Landauer und Alexander.
Eine zweistündige Unterhaltung mit dem alten Brandes war überaus inter-
essant, aber natürlich belanglos für die Analyse.
Rank ist leider noch immer in einem verdrossen-apathischen Zustand
und weicht jeder Arbeit aus. Er lehnt es selbst ab, Patienten anzunehmen.
Die nächste Zeit dürfte doch eine Veränderung bringen.
Der Brief von Brill über Rank, den ich in die Zirkulation geschickt
habe, sowie das Heft Psychical Research mit den Berichten über Murray
sind noch nicht zu mir zurückgekommen.
Ad London: Der Verlag teilt mir mit, daß er von der Press 26 Pfund
für die ersten beiden Bände der Collection bekommen hat. Mein Anteil soll
darin nicht enthalten sein. Wenn es so ist, ersuche ich den mir zufallen-
den Betrag, wahrscheinlich in gleicher Höhe, direkt an Mrs. Rivière zu
übermitteln, was einer früheren Abmachung entspricht.
Mit herzlichen Grüßen nach allen Seiten
[handschriftlich:] Freud
[handschriftlich:] Anna Freud