• S.

    Wien, am 1. Juni 1921

    L. Fr.

    Von der British Association for the Advancement of Science in Edin-
     burgh erhielt der Professor eine sehr liebenswürdige Einladung zur Eröffnung 
    der neugegründeten Psychologischen Sektion in der Woche vom 7-14. September 
    als Gast dorthin zu kommen. Der Unterzeichnete Dr. Burt  spricht die Hoffnung
     aus, Jones, Flügel u.a. Analytiker dort zu sehen.– Der Professor hat aufschie-
    bend geantwortet, ist aber sehr ge- neigt, abzusagen, weil sonst wieder der gröss-
    te Teil des September mit Arbeit und Mühe verbunden ist.

    Von Brill erhielt der Professor endlich Antwort auf sein schroffes 
    Schreiben. Brill tut so als wäre nichts vorgefallen, bringt ein paar Entschul-
    digungen vor und versichert im Übrigen seine unwandelbare Treue (der Brief 
    wurde Jones eingeschickt). Durch den Brief wird auch ein Mißverständnis of-
    fenbar, welches in Bezug auf die Wahl der amerikani- schen Redakteure für das 
    Journal unterlaufen ist. Der Präsident der N. Y. Gruppe (Ames) glaubte, durch 
    Brill informiert, man habe ihm das Recht vinidiziert, die drei Redakteure zu 
    wählen, während Jones mit Recht im letzten Rundbrief daran erinnert, daß es 
    sich nur um einen Vorschlag von amerikanischer Seite gehandelt hätte. Gewählt 
    wurden Brill, Frinkund Farnell (der jetzt in Wien weilende Frink kann übrigens 
    gar nicht verste- hen, daß der Präsident die Ernennung Farnells gebilligt hät-
    te). Der Prof. hat Jones geschrieben, er möge sich direkt an den Newyorker Sek-
    retär Stern wenden und ihn über das Mißverständnis aufklären, bei dieser Ge-
    legenheit aber gleich hinzufügen, daß wir mit dem Vorschlag Farnell nicht 
    einverstanden seien und ihnen nahelegen, an seiner Stelle entweder Blumgart
     oder Oberndorf vorzuschlagen.– Im Übrigen wird sich Frink auf seiner Heim-
    reise Mitte Juli bei Jones in London aufhalten.

    Eine Miss Ellen Harborn von der Brunswick Clinic hat sich an den Prof. 
    gewendet, um die Analyse zu machen. Der Professor weiß nicht, ob er sie übernehmen 
    wird, hat aber andernfalls die Absicht, sie mir (Rank) zuzuweisen.

    Ophuijsen schrieb auf unseren bedauernden Brief, er bitte seine Resig- 
    nierung auf das therapeutische Referat noch nicht definitiv zu nehmen und 
    noch einige Wochen zuzuwarten. Er würde in der nächsten Zeit nach Berlin kom-
    men.– Frau Dr. Hug-Hellmuth ist derzeit wieder in Berlin.– 

    Ossipow, der jetzt in Prag weilt, hat von dort eine Arbeit über den 
    Begriff des Sexuellen eingeschickt, die aber noch nicht gelesen ist.

    Jungs neues Buch über Psychologische Typen hat der Professor durchge- 
    sehen. Es enthält absolut nichts neues, handelt wieder von der Ausflucht, die 
    er glaubt gefunden zu haben, daß eine objektive Wahrheit in der Psychologie 
    unmöglich sei, mit Rücksicht auf die individuellen Verschiedenheiten der Un-
    tersucher. Ein solches Resultat müßte aber erst bewiesen werden, da man sonst 
    mit demselben Recht die Resultate aller ande- ren Wissenschaften anzweifeln könnte.

  • S.

    Das Buch strotzt von Snobismus und Mystik; das Wort Psychoanalyse kommt darin 
    nicht vor, der Name Freud wird einigemale genannt. Wir haben die Verpflichtung 
    eines Referates und schlagen dafür Hermann (Budapest) vor; sollte dieser Vorschlag 
    Zustimmung finden, so würden wir dann Ferenczi bitten, Hermann entsprechend zu 
    informieren. 

    Beiliegend (Bp. Bl. L. ) ein an den Prof. gelangter Brief eines Professor Junker,
     dzt. Oberammergau, der eine neue Zeitschrift für Seelenkunde und -Forschung 
     im Auftrag der „Psychologisch staatl[ichen] Gesell-schaft in Washington“ herausgeben 
    will. Er ladet den Professor und seine Anhänger zur Mitarbeit ein. Der Prof. hat 
    für seine Person abgelehnt und gefragt, ob er jemand anderes aus unserer Mitte 
    als ständigen Mitarbeiter vorschlagen könne. Das Unternehmen hat stark okkulten 
    Anstrich und nennt sich  wie ich (Rank) in einer Buchhandlungsanzeige gesehen 
    habe – Psychoanalytischer Verlag!

    ad Bl.: Die Verleihung der Preise ist bereits Tatsache, doch warten wir 
    noch das Erscheinen von Stärckes Arbeit über Psa. und Psychiatrie ab, das im 
    Laufe dieses Monats zu gewärtigen ist. 

    ad Bp.: Wir würdigen den Wunsch, die Zeitschrift wieder in ihrer alten 
    Form aufleben zu sehen, und haben selbst schon daran gedacht, den gegenwärtigen 
    Zustand zu verbessern, indem wir bei jedem einzelnen Heft die Bogenzahl wesent-
    lich erhöhen (von 6 auf 8-9); durch Vermehrung der Hefte ist es unter den heu-
    tigen Verhältnissen ganz ausgeschlossen, die Situation zu verbessern, aber die 
    Vergrößerung des Umfangs kann doch wesentlich zur Verbesserung beitragen.

    ad L.: Mit Forsyth hat der Professor seit vielen Monaten keinen Verkehr. 
    Frau Sokolnicka ist nicht Ärztin, aber eine sehr geschickte Analytikerin. Der 
    Prof. glaubt, daß sie schon einen Patienten von ihm hat. Ihre Adresse ist Paris 
    Avenue Pasteur 4..

    Wir freuen uns der neuen Übersetzerin, die Du. l. Ernest, erwähnst und geben 
    nur der Hoffnung Ausdruck, daß die Not an guten englischen Übersetzern sich 
    bald bessern möge. Wir brauchen ja jetzt für die 6 Bände kleiner Schriften 
    gute Übersetzer.– Jeder wird gebeten, nach solchen zu suchen und mit uns in Verbindung 
    zu bringen.– Bezüglich der englischen Arbeiten Ferenczis könntest Du ja 
    einmal bei Badger fragen, was er für die Überlassung der Rechte verlangen 
    würde. Das Buch von Hug- Hellmuth ist angekommen; besten Dank.

    Mit herzlichen Grüßen

    [Rank Freud]