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    Berlin, 1.6.21

    Liebe Freunde,

    Infolge anderweitiger Überlastung muß ich den heutigen 
    Brief etwas abkürzen.

    Jahresbericht eingetroffen. Herzl. Dank ! Die große redak-
    tionelle Arbeit verdient volle Anerkennung. Gewisse Vorschläge zur 
    Änderung sollen im September zur Sprache kommen. Ebenso trafen 
    die 2 ersten Bände der Library ein. Ach, könnten wir unsre Bücher 
    auch so ausstatten! Ein Blatt mit gedruckten Compliments lag bei. 
    Von wem kommen sie?

    Von Voitel-Leipzig hörten wir noch nichts.

    Die von meiner Frau gefertigte Tempest-Übersetzung ist nach 
    Wien abgesandt.

    Sehr erfreulichen Bericht kann ich nächstes Mal über meinen 
    neuen Anfänger-Curs geben.

    Am Sonntag hatten wir drei eine längere Sitzung. Über Deinen 
    Bericht, l. Jones, sprachen wir eingehend. Bezüglich Stanley Hall 
    und die Amerikaner überhaupt, sind wir jetzt endlich wohl alle einer 
    Meinung. Wir müssen die Beziehungen pflegen, dürfen aber nichts 
    zu Großes von ihnen erwarten.

    Dein guter Eindruck von Glover erfreut speziell mich sehr. 
    Auch der jüngere Bruder, der seine Analyse sehr eifrig fortsetzt, 
    wird eine gute Kraft werden.

    Ferenczi’s Vorschlag zur Zeitschrift sagt uns zu, doch wird 
    sich wohl darüber besser mündlich verhandeln lassen.

    Liebermann’s Krankheit, die sich seit Monaten, sicher unter 
    unbewußter Beihilfe, ins Körperliche gewandt hat, ist immerhin so 
    ernst, daß jetzt auch Eitingon und Sachs der Meinung waren, ein 
    Stellvertreter sei zu ernennen. In der morgigen Sitzung des Vereins
     wird wohl so beschlossen werden. Sachs ist zur Übernahme des 
    Amtes bereit, die sicherlich beste Lösung.

    Da es mir jetzt gut geht, habe ich die Bemühungen um meine 
    Habilitation wieder aufgenommen, trotz der geringen Chance. Ich 
    sprach mit Bonhoeffer, dem Ordinarius. Er erzählte mir, wie das ab-
    lehnende Gutachten der Fakultät zu unserem Antrag auf Schaffung 
    einer Professur zustande gekommen sei. Neben anderen Gründen er-
    wähnte er, er habe damals Bleulerum seine Ansicht gebeten, ob die 
    PsA schon reif sei, an den Universitäten unterrichtet zu werden.
    und Bl. habe verneint!!!!!!!!! Cave academicos!

    Erfreulich ist, daß Sachs dauernd voll mit didaktischen

  • S.

    Analysen beschäftigt ist. Ebenso berichtet Eitingon Gutes über 
    neue, der Polikl. zuwachsende Arbeitskräfte.

    Herzliche Grüße

    Abraham                  Dr. Sachs