-
S.
Wien, am 11. Juli 1921
Liebe Freunde!
Vom Verlag ist diesmal eine erfreuliche und große Transaktion
zu melden. Wir haben von Heller alle noch in seinem Besitze befindlichen
psychoanalytischen Werke erworben und zwar: alle alten Jahrgänge und Hefte
der Zeitschrift und Imago, ferner den 4. Band der kleinen Schriften vom Professor,
dann den Restbestand der Vorlesungen (1. und 3. Teil), den Heller noch hatte,
endlich das 1. Beiheft (Jelgersma, über das Ubw) und Ranks Künstler.– Wir haben
alle die effektiven Büchervorräte mit einem Drittel des gegenwärtigen Laden-
preises übernommen und können sie mit 2/3 des Ladenpreises verkaufen. Die Ge-
samtsumme beträgt 65.000,– Mark, womit wir nicht nur einen effektiven Zuwachs
unseres Bücherlagers, sondern auch die Verlegerrechte mit erworben haben. Die
Bücher selbst haben wir natürlich billiger gekauft als die heutige Herstel-
lung uns selbst kosten würde. Heller selbst, der immer unausstehlicher gewor-
den ist, sind wir damit endgültig los und der Verlag hat sich mit dieser Aktion
eigentlich erst zum psychoanalytischen Verlag ge- macht, dem nur noch Deuticke als ein-
ziger Konkurrenz leistet.Der mit Ullstein in Verbindung stehende russische Verlag „Slowo“
in Berlin interessiert sich für die russische Ausgabe der Vorlesungen; wir
werden mit ihm unterhandeln und dann Dich, l. Eitingon eventuell in der
Übersetzerfrage um Rat bitten.–Gelegentlich eines Besuches bei Deuticke, erfuhr ich (Rank), daß
Sadger ein dickes Buch über das menschliche Sexualleben (eine Art Psycho-
pathis sexualis psychoanalytica) bei Deuticke erscheinen läßt. – Von Wer-
ken des Professors erscheint die 2-te und 3-te Folge der kl[einen] Schriften, sowie
der Witz jetzt in Neuauflage.–Ad Bln.: Daß Nachmansohn zur Berliner Gruppe übergetreten ist,
wußten wir noch nicht. Bezüglich Landauer möchten wir bemerken, daß er in
Frankfurt nur sehr isoliert ist und sich nicht traut, sich als Analytiker
anzukündigen, doch führt er Analysen aus, wenn man ihm sie zuweist.–
Was das reklamierte 2-te Exemplar der Zeitschrift anlangt, so geht es jetzt
als Freiexemplar direkt an die Poliklinik statt an Dich, l. Abraham. Ebenso
das Journal, wie mir Heller sagte. Sollte Dir jedoch der frühere Modus lie-
ber sein, so bitte mir dies mitzuteilen.Ad Bpst.: Freimark ist unseres Wissens nicht Mitglied in Berlin.
Professor würde abraten, mit ihm in Beziehung zu treten; er hat sich in
einigen seiner Schriften in ganz dummer Weise über die Analyse geäußert
und scheint eine unkritische exzessive Persönlichkeit zu sein.–
Die Wiener Poliklinik Sache ist rein privat und hat mit offizieller Aner-
kennung gar nichts zu tun. Es ist nur zufällig ein Beamter des Gesund-
heitsamtes, der sich dafür einsetzt, daß uns Räume in einem aufgelassenen Gar- -
S.
nisonsspital zur Verfügung gestellt worden. Die Sache scheint zustande
zu kommen, Hitschmann soll der Leiter werden.ad L.: Wir denken doch, daß wir bei unserem Vorschlag des
Sommerbriefwechsels bleiben, dem auch Berlin jetzt zugestimmt
hat. Professors Adresse ist bis 15-ten August: Bad Gastein,
Villa Wassing, meine: Mödling, Bergstraße 3.Was die von Dir l. Jones, wie auch von Abraham gemachten Be-
merkungen über die Laienanalyse betrifft, so werden wir uns über die-
ses wichti- ge Thema im Herbst auszusprechen haben. Für jetzt nur so-
viel, daß wir uns keinesfalls vor einer Konkurrenz aus diesen Laien-
kreisen zu fürchten brauchen, da wir alle, die wir jetzt Analyse
treiben, im Vergleich mit der Ausbreitung derselben ein verschwindend
kleines Häuflein darstellen. Im Übrigen freuen wir uns sehr über die
günstigen Nachrichten aus England und hoffen, daß bis zum Herbst ein
greifbares Resultat erzielt sein wird.Von der Lektüre des Ossipowschen Ms., das er selbst mit
Recht als nicht sehr gelungen betrachtet, würden wir Dir abraten,
l. Ernest. Es enthält fast nur Hinweise auf die russische Literatur.Mit herzlichen Grüßen
[Rank Freud]
[Zusatz]:
Der fragliche Dr. Krücke hat sich als ein Dr. Krische herausgestellt
und die ganze Sache ist durch die weitere Mitteilung Dr. Löwenfelds
hinfällig geworden, daß es sich bei der genannten Arbeit: Marx und Freud
um den ersten Teil eines auf vier Bände berechneten Werkes handelt,
welches demnächst erscheinen soll. Löwenfeld hat daher auf die Heraus-
gabe die- ses 1-ten Teiles verzichtet, welche im Übrigen einen
ernsthaften und gu- ten Eindruck gemacht hat. Der Mann scheint
ein Anhänger der Analyse, wenn auch kein unbedingter zu sein.Für Jones: Es scheint gar nichts dagegen zu sprechen, daß die beiden
neuen Werke vom Professor in der Library erscheinen.