S.
Prof. Dr. Freud
Wien, IX. Berggasse 19.
6.4.11
Lieber Freund
Vielen Dank für Ihre Bereitwilligkeit.
Ich hoffe, die Reise wird werden, wenn-
gleich ich bei der Komplikation unserer
Sommerverhältniße jetzt noch nicht sicher
bin. Ich sende Ihnen heute die beabsichtigte
Kritik über Stekel, er hat bereitwillig
zugestim̄t, daß ich sie schreibe. Ich bitte
um baldige Rücksendung u werde
Ihnen für Bemerkungen dazu dankbar
sein. Ich will sie ihm dann doch noch
zeigen, ehe sie an Jung abgeht, der
gegenwärtig seine Osterreise angetreten
hat. Ich ärgere mich unausgesetzt über
die beiden – Max u Moritz –, die sich auch
mit großer Rapidität nach rückwärts
entwickeln u bald bei der Läugnung
des Unbewußten angekommen
sein werden. Ich bin aber ganz ohn-
mächtig gegen sie, besonders solange ich
sie nicht aus dem Zentralblatt werfen
kann. Feinde sind viel bequemer, die
kann man wenigstens ignoriren.
Ich möchte auch diese Situation mit
Ihnen besprechen.
Herzlichen Gruß
Ihr Freud
Max u Moritz: Das heißt Adler und Stekel, die Redakteure des Zentralblatts. In Max und Moritz, einer populären Bildergeschichte (1865) des deutschen Künstlers und Humoristen Wilhelm Busch (1832-1908), werden die Streiche und das schlimme Ende dieser beiden Knaben geschildert. Ein Busch-Album lag im Wartezimmer Freuds auf.
Berggase 10
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