• S.

    Prof. Dr. Freud                           
    Wien, IX. Berggasse 19.

    21. Dez 13.

    Lieber Freund

    Wie Sie aus meiner Antwort auf Ihr 
    Telegr erfahren haben, war ich 
    in den letzten zwei Wochen so in-
    tensiv beschäftigt, zum Glück auch 
    arbeitsfähig, daß ich meine gewohnte 
    Korrespondenz nicht aufrecht halten 
    konnte. Nach diesen heißen Tagen wird 
    wol ein starkes Absinken der Praxis 
    folgen, wenn ich von Hambg zurück-
    kom̄e. Ich reise Mittwoch abends, 
    kann von 8h ‑ 8h in Berlin bleiben 
    um mit Abraham alles Erforderliche 
    zu besprechen, u bin dann 7h in Hambg
    Sonntag 3h reise ich ohne Unterbrechg 
    zurück, bin Montag früh in Wien. 
    Ich erwarte, daß Sie in diesen 
    Feiertagen Ihrer Nase u Jones’ wegen 
    nach Wien kom̄en werden, kann 
    aber diesmal nicht darauf rechnen 
    Sie zu sehen. Der schwebenden Geschäfte 
    sind nur wenige, wissenschaftlich 
    – zum Masochismus zB. – hätte ich 
    Ihnen einiges Neue mitteilen 
    können.

  • S.

    Das Exemplar der Abraham’schen Kritik 
    mit allen Schichten von Randglossen 
    nehme ich nach Berlin mit.

    Im Hausse wird es sehr still werden, 
    drei einsame Frauenzimmer, Oli 
    ist auf 14 Tage nach Paris gefahren. 
    Vielleicht kom̄t Ernst von München 
    herüber. 

    Nach Neujahr, wo ich Sie doch zu sehen 
    hoffe, beginnt bei uns allen die 
    Arbeit fürs Jahrbuch.

    Ich grüße sie herzlich u bitt 
    Sie Frau G. die wol wieder zu Hause 
    ist, meine besten Wünsche zu weih-
    nachten auszurichten.

    Ihr 
    Freud

In Arbeit