INTERNATIONALE ZEITSCHRIFT FÜR
ÄRZTLICHE PSYCHOANALYSE
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR DR. SIGM. FREUD
SCHRIFTLEITUNG: Dr. S. FERENCZI, Budapest, VII. Elisabethring 54 / Dr. OTTO RANK, Wien IX/4, Simondenkgasse 8
VERLAG HUGO HELLER & Co, Wien, I. BAUERNMAKT No 3
ABONNEMENTSPREIS: GANZJÄHRIG (6 HEFTE, 36–40 BOGEN) K 21.60 = MK. 18.–

  • S.

    Wien am 23.XI.1913

    Lieber Freund

    Heute 3 h pm. hat die Sitzung1 bei mir statt-
    gefunden in Gegenwart von Rank, Sachs
    Hitschmann, deren Frauen, meines Bruders 
    u meiner Kinder. Sie verlief sehr kläglich, 
    kaum einmal eine Andeutung von Ge-
    lingen. Dasselbe soll sich vorgestern bei D
    Weiss zugetragen haben. Woran das liegt, 
    weiss ich nicht. Ich habe Herrn Prof. Alex Roth 
    vor der Sitzung ein Kouvert überreicht, 
    um ihn günstig zu stim̄en, es war schade um 
    den Inhalt. Ein Zeugnis irgendeiner Art 
    habe ich natürlich verweigert.

    Ich weiß ja, daß die Dinge nicht an diesen Per-
    sonen u an den Versuchen mit ihnen 
    hängen. Auf die würde ich aber auch gar 
    nichts aufbauen. Rank u Sachs meinen sogar, 
    es komme ein System akustischer Hilfs-
    mittel in Betracht, u in der That ist der 
    Mann nie zum Schweigen zu bringen, 
    stößt regelmäßig Laute aus, wenn ihm 
    das Wort gezeigt wird, macht sich in der 

  • S.

    Hinsicht sehr verdächtig. Sehen scheint keine 
    Rolle zu spielen. Die beiden Forderungen, 
    die er aufstellt, keine große Entfernung 
    von der Frau u absolute Stille sprechen 
    wirklich in dem Sinne von R und S. Wegen 
    Abwesenheit des Phänomens entfielen 
    zwar bei uns alle Erklärungsversuche, 
    aber ich bitte auch Sie, der mehr Erfolg 
    gehabt hat, Ihre Erfahrungen mit ihm 
    zu revidiren u nicht zur Grundlage 
    Ihrer Publikation zu machen.

    Rank wird Ihnen auch darüber 
    schreiben. Wir sind jetzt alle für Contre‑
    Dampf. Ich lobe mir noch immer meine 
    beiden Prophezeiungen und dazu noch 
    die Gisirma (nicht Vilirma).

    Mit herzlichem Gruß und in Erwartung Ihrer Nachrichten

    Ihr 
    Freud

    Meine schönste Empfehlung an Frau G.

     

    HR: Gedankenübertragung
    KR: Protokolle
    PR: Alexander Roth
    Anmerkung Ernst Falzeder zu diesem Brief: Eine Sitzung mit einem Professor Alexander Roth und dessen Frau, die Ferenczi vier Tage vorher für seine "Versuche mit Gedankenübertragung" in die Wiener Vereinigung mitgebracht hatte (Protokolle IV, S. 209). Anna Freud schrieb über die Versuche in Freuds Wohnung an Jones: "Ich erinnere mich, daß mein Vater und ich ganz konsterniert waren über die grobe Art, in der die arme Frau gedrängt, forciert und gehetzt wurde, um etwas zu produzieren" (Jones III, S. 452).

    Kouvert: Umschlag mit Geld

    A Siehe Brief 358 Fer, Anm. A.

     

    PR:
    Karl Weiss 
    geboren: 8. November 1879, Reichenberg, Liberec, Liberec District, (Republik Tschechien)
    gestorben: 27 Januar 1963, Haifa, Israel
    Österreichisch-britischer Neurologe und Psychoanalytiker
    Sohn von Hermann Weiss und Emma Weiss
    Ehemann von Helene Weiss
    Vater von Ruth Atron/Etron und Stefan / Stephen Randolph Wills, M.B.E.
    (Quelle: https://www.geni.com/people/Dr-Karl-Weiss/6000000013674452138 [2025-06-19])

    Karl WEISS (Reichenberg / Böhmen [Liberec / Tschechien] 1879-Großbritannien ?), Arzt und Psychoanalytiker; ab 1938 Großbritannien
    (Quelle: https://www.literaturepochen.at/exil/multimedia/pdf/exilantenlistereinhard.pdf [2025-06-19])
     

    Falzeder Ernst Anmerkung zum Brief: 
    "Karl Weiss (1879-?), Nervenarzt aus Reichenberg, der an der neurologischen Klinik von Lothar von Frankl-Hochwart (1862-1914) arbeitete (Freud/Edoardo Weiss, Briefwechsel, S. 24). Seit 6.3.1912 Mitglied der Wiener Vereinigung. Er emigrierte 1938 nach England."

In Arbeit