-
S.
Lieber Freund!
Der erste Bericht wird naturgemäß etwas länger ausfallen müssen, da er
zur allgemeinen Information dient und wir wollen ihn der Übersichtlichkeit
halber nach Materien einteilen.1. Verlag: Die Verhandlungen mit Kola haben noch nicht begonnen, da un-
ser Mittelsmann Dr. Steiner erst jetzt nach Wien zurückgekehrt ist. Doch berich-
tet Sachs, der ihm gestern einen rein freundschaftlichen Be-such abgestattet
hat, daß unsere Chancen günstig stehen sollen und daß der Chef des Hauses
eine Unterredung mit mir (Rank) wünscht. Sie wird wahrscheinlich noch im Laufe die-
ser Woche stattfinden.Die englische Filiale in ihrer bisherigen Form ist in Auflösung begrif-
fen. Hiller berichtet in einem ausführlichen Schreiben über ein neues Arrange-
ment des Vertriebes der englischen Bücher und über seine persönlichen Be-
mühungen, ohne Belastung des Verlags nach Wien zu kommen, wo er mit einem Viertel
seines bisherigen Gehaltes besser leben kann als jetzt in London. Diese Dinge
sind aber noch nicht spruchreif.2. Verlagstätigkeit: Zeitschrift VI., Heft 3 ist unterwegs, 4. Heft wird oben
(noch mit Kongreßbericht) fertiggestellt, es ist also für dieses Heft schon
Redaktionsschluß, den wir von nun an immer für jede Nummer mitteilen werden.
Imago wird das 4. (Schluß-) Heft des VI. Jahrgangs eben ausgedruckt (also auch
schon Redaktionsschluß). Vom englischen Journal ist Heft 2 nahezu fertig ge-
druckt (Red. Schluß).3. Bücher: Im Druck befinden sich Freud, Vorlesungen (das in Kürze aus dem Ver-
lag Heller übernommen wird, wo die 2. Aufl. ihrem Ende entgegengeht). -
S.
leben, 7. Aufl., 3. Totem und Tabu, 2. Aufl., das wir von Heller schon übernommen haben.
4. Jenseits des Lustprinzips (als 2. Beiheft z. Zeitschrift). 5. Pfisters Buch
zum Kampf um die Psa (Bibl. No 8).-Im Satz ziemlich weit vorgeschritten sind: Kolnai, Psa und Soziolo-
gie (Bibl. 9); Abrahams Gesammelte klin. Beiträge (Bibl. 10); der Jahres-
bericht (Beihefte No 3), von dem allerdings noch einige Referate fehlen, nämlich
Eitingon über das Ubw., Boehm über die Perversionen und Rank, Traum, wodurch
die Weiterarbeit verzögert wird. Groddeck, der Seelensucher.Von englischen Büchern ist Putnams gesammelte psa. Aufsätze in Arbeit.
Mit der englischen Übersetzung der Kriegsneurosen wird jetzt begonnen, ebenso mit
Flügels neuem Buch über die Familie. Auch Róheim hat sein Buch über den Tote-
mismus bereits angekündigt. Bryan ist bald mit der Übersetzung der Abraham-
schen Sammlung fertig. Von Übersetzungen aus dem Englischen beabsichtigen
wir zunächst Jones’ Buch über die Behandlung der Neurosen zu bringen, das vo-
raussichtlich Anna Freud übersetzen wird.Von anderssprachigen Ausgaben haben wir eben jetzt zwei Verträge ab-
geschlossen: mit Payot, Paris über Freud, Vorlesungen, der sich auch das Recht
für die Übersetzung der anderen Bücher auf ein Jahr vorbehalten hat, und mit
einem spanischen Verlag in Madrid, der zunächst das Alltagsleben bringt,
aber gleichzeitig auch das Recht für Vorlesungen und Totem erwerben will.
Ferner schreibt eben unser italienischer Kollege und Mitarbeiter Dr. Edoardo
Weiss aus Triest (Mitglied der Wiener Gruppe), dass er für seine italienische
Übersetzung der Vorlesungen das Verlagsrecht erwerben will und bittet gleich-
zeitig um Hilfe zur event. Ausgabe einer italienischen psa. Zeitschrift, für die
alle Bedingungen gegeben sind, ausser einem Verleger. Diese Zeitschrift soll
-
S.
das bisher von Prof. Levi-Bianchini herausgegebene „Archivio“ ersetzen, das jetzt
infolge finanzieller Schwierigkeiten eingegangen ist. Levi-Bianchini war bisher
der literarische Vorkämpfer der Psa. in Italien und hat bisher auch zwei Werke
von Freud (Sexualtheorie und Über den Traum) in der von ihm herausgeg. Bibl. Intern.
Psychiatria übersetzt, andere psa. Arbeiten in Vorbereitung gehabt. Wir werden
sehen, ob und was eventuell mit die- sen italienischen Literaturplänen zu machen ist.Zu den deutschen Bücherplänen des Verlages ist endlich noch nachzutragen,
daß wir beabsichtigen, als zweiten Band der Quellenschriften eine große Ma-
terialsammlung nach dem Muster der Imago-Kinderecke herauszugeben, welche psa.-
interessante Kinderbeobachtungen enthalten soll; teils eine Sammlung der schon
verstreut publizierten, teils natürlich aus neue einschlägige Beobachtungen ver-
mehrt, um die alle Mitglieder dringend ersucht werden.II. Verein. – Die Wiener Gruppe beginnt die Vereinstätigkeit Mitte Oktober.
Im Zusammenhang mit dem von nun an regelmäßig mitzuteilenden Redaktionsschluß
der Zeitschriften sind die Gruppensekretäre darauf aufmerksam zu machen, dass sie
ihre Berichte zu den betreffenden Redaktionsschlüssen regelmäßig und unaufgefor-
dert einsenden sollen, damit der Fall vermieden wird, daß ein solcher Bericht
etwa einige Tage nach Redaktionsschluß einläuft und dann bis zum nächsten Heft liegen
bleiben muss, oder dass die Redaktion einige Wochen in Erwartung solcher noch
ausstehender Berichte vergeblich wartet und das Heft damit verzögert. Ebenso ist
darauf zu achten, daß die von den Gruppen zusammengerächte Literatur (Biblio-
graphie), deren Sammlung übrigens sehr zu wünschen übrig lässt, sowie die Refe-
rate (über neue Bücher und Zeitschriftenartikel) ebenfalls regelmäßig vor Redak-
tionsschluss jedes betr. Heftes einlangen, damit sie systematischer verwendet werden. -
S.
Bei dieser Gelegenheit müssen wir übrigens bemerken, daß die Berliner Gruppe
auf dem Gebiete des Referatewesens bisher keinen einzigen Beitrag geliefert
hat, während alle anderen Ortsgruppen, die einen mehr, die andern weniger, Ref.
geliefert haben. Besonders die junge Schweizer Gruppe muß hier rühmlich hervorgeho-
ben werden als die einzige, die das Referatwesen wirklich ernst nimmt. Ferner
muß auch von den Gruppenpräsidenten resp. Kassieren darauf geachtet werden,
daß die Abonnementsbeiträge für die Vereinsorgane nicht bloß regelmäßig
bezahlt, sondern auch dem Verlag abgeführt werden müssen; was bisher gleich-
falls von der Berliner Gruppe für das bereits nahezu abgelaufene Jahr 1920
noch nicht geschehen ist.Endlich möchte ich eine Art internationalen Zusammenarbeitens in der
Art vorschlagen, dass alle Gruppen, sagen wir etwa einmal jährlich, über das
gleiche Thema, das gerade aktuell ist, diskutieren und dann ihre Protokolle
(die aus einzelnen Autoreferaten bestehen könnten) gegenseitig
austauschen. Unter Umständen könnten die Resultate einer solchen internat.
Diskussion auch die Öffentlichkeit interessieren und der Verlag so Gelegen-
heit zur Fortsetzung der Publikation v. Vereinsdiskussionen erhalten.Noch einen Vorschlag Radós (Budapest) möchten wir weitergeben: nämlich
das Ödipusverlagszeichen zum offiziellen Abzeichen aller Gruppen (Briefpapier,
Petschaft etz.) zu machen. Äußerungen darüber erbeten.III. Literatur: Bei Deuticke sind von Prof. Freud neu im Erscheinen: Se-
xualtheorie 4. Aufl. mit wichtigen Zusätzen, Traumdeutung 6. Aufl., Witz 2. Auf.
Kl. Schriften 1. und 2. Folge unverändert.Von Psyche und Eros ist Heft 2 erschienen mit starker äußerer Annähe-
rung (auch äußerlich) an unser „Journal“. Es scheint im Ganzen nicht feind-
lich und auch kein Konkurrenzblatt. Für Referat im engl. Journal wird Jones
sorgen, auch dafür, dass die Besprechung wirklich objektiv erfolge. Von Adler -
S.
erschien ein neues Buch: Praxis und Theorie der Individualpsychologie (bisher nur
aus der Anzeige des Verlegers, Bergmann, bekannt. Preis Mk. 18). Im übrigen bleibt
die Rubrik Literatur diesmal unvollständig, weil es mir an Zeit fehlt, um sie nach
Wunsch zu gestalten. Später sollen bibliographische Hinweise in größerer Vollstän-
digkeit folgen (soweit uns eben die Gruppen in dieser Arbeit unterstützen werden).
Insbesondere wird die Redaktion auf einem separaten Blatt alle ihr zum Ref. einge-
gangenen Bücher und Artikel anführen, mit der Anfrage, wer sich für das Ref. einer
bestimmten Arbeit interessiert, die ihm dann zugeschickt wird, falls er sich auch
wirklich zum Referat (resp. im Nichtfall zur Rückerstattung der Arbeit) verpflichtet.
Diese Bücherlisten können in der Vereinigung zur Anfrage um Bewerber vorgelegt
werden.IV. Persönliches: Sachs reist im Laufe dieser Woche nach Berlin, wo er
vorläufig zu bleiben gedenkt (Adresse noch nicht bekannt).Tannenbaum aus New York, der Hauptredakteur von Psyche und Eros, bereist
jetzt Europa, um Propaganda für das Blatt zu machen und Mitarbeiter zu werben.
Augenblicklich soll er sich in Berlin aufhalten. Vorher war er in Wien (zur Zeit
des Haager Kongresses, und hat daher auch nur mit denen gesprochen, die nicht dort
waren, z. B. Federn, Sadger). Er machte Federn den Antrag, seine Broschüre: Die vater-
lose Gesellschaft, als erstes Buch einer soziologischen Reihe herauszugeben. Federn
scheint aber eher geneigt, es uns zur Publikation zu überlassen. Wir haben ihm die
Veröffentlichung im Journal (eventuell auch als Broschüre) zugesagt. Tannenbaums Haupt-
programmpunkt ist die Versöhnung der offiziellen Psa. mit Stekel, was er auch durch
Vermittlung Federns versuchen wollte. Vor seinem Wiener Besuch soll er in der
Schweiz gewesen sein. Überall stellt er sich als den hin, dem Unrecht getan wurde, -
S.
und beruft sich dabei auf Versprechungen, die Jones ihm gemacht haben soll. –
Der andere Wiener Redakteur der Psyche, Silberer, der schon längst nicht mehr
zu unseren Freunden zählt, wenn er es überhaupt jemals war, hat vor kurzem die
Redigierung seines rein formal nicht entsprechenden Jahresberichtreferates
über Mystik zum Anlaß einer Anfechtung der Redaktion genommen, die die Gele-
genheit benützte, um ihm die weitere Mitarbeiterschaft aufzukündigen. Mitglied des
Vereins ist er leider noch immer. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß die
Mitarbeiterschaft der Vereinsmitglieder an Psyche und Eros (bis jetzt Pfister u.
Marcinowski) zwar nicht gut verboten werden kann, daß man aber Gelegenheiten
wahrnehmen soll, um Mitglieder, denen ihr Taktgefühl dies nicht von selbst ver-
bietet, zu verstehen zu geben, daß dies jedenfalls als unfreundlicher Akt gegen
unsere eigenen Journale aufgefaßt werden muß.Nachtrag (zu Ferenczis Bericht No. 1 vom 20. Okt. 1920)
1. Ars Amandi Psa. ist tatsächlich der Titel eines kleinen Büchleins von Sachs, das
jetzt in Berlin gedruckt werden soll.2. Ob sich der an Rank gerichtete Vorschlag bezgl. des Budapester Sekretärs ver-
wirklichen lassen wird, scheint mehr als fraglich. –Mit herzlichen Grüßen
Freud m. p. Sachs m. p.
RankP. S.: Der Brief Ferenczis kam nur in einem handschriftlichen Exemplar nach Wien.
Wir hoffen einerseits, daß Ferenczi ihn auch den anderen Mitgliedern zugehen
ließ, bedauern aber anderseits, wenn er wirklich soviel Arbeit damit hatte, daß
er ihn viermal schreiben mußte, und hoffen, daß er bald eine zweckmäßigere
Lösung findet.[Handschriftlicher Zusatz von Otto Rank auf Kopie im ORA]
Da die Sitzung jeden Mittwoch, wird der Brief am Donnerstag abge-
hen.[Handschriftlicher Zusatz von Hanns Sachs auf Kopie im BIPA]:
Da Mittwoch die Vereinssitzungen stattfinden, geht der Wiener Brief je-
den Donnerstag ab.