-
S.
W i e n No. 2
am 11.(13. a.St.) Jänner 21Liebe Freunde!
Ich schreibe 13. a. Stils weil ich nach unserer gewöhnlichen Mitt-
wochzusammenkunft am 12. abends schreibe; außerdem ist aber diesmal der Brief
durch den Poststreik verzögert (ebenso wie die Ankunft der anderen Briefe, von
denen noch keiner ankam).ad Berlin: Deine Mitteilung, l. Abraham, betr. des Jahresberichtes
nahmen wir mit Befriedigung zur Kenntnis. Durch die Stellungnahme in der Fra-
ge der Apostaten wird eben der diesmalige Jahresbericht uneinheitlich ausfal-
len, da andere Referenten diese Arbeiten aufgenommen haben. Prinzipiell sind
wir beide von eurem Standpunkt in dieser Sache nicht überzeugt und schlagen
vor, daß wir uns für den nächsten Sammelbericht vorher untereinander in die-
ser Frage und über die Art des Ref. dieser Arbeiten vorerst prinzipiell eini-
gen sollten. Jedenfalls bitte ich Dich, l. Abraham, alle von dir nicht angeführ-
ten Titel mir wieder einzusenden (nicht um sie einzufügen), nur damit man weiß,
was nicht aufgenommen wurde.–Von der Stellung der Berliner zum Kongreß haben wir mit Befriedi-
gung Kenntnis genommen und bemerken gleich hier, unserem eigenen Be-
richt vorgreifend, daß in der Wiener Vereinigung die Abstimmung im Plenum der
letzten Sitzung 2 Stimmen für 1921 und 13 für 1922 ergeben hat.-
Bezüglich Frau Dr. Neiditsch möchten wir zu unseren letzten Vor-
schlag, sie um Ergänzung unseres russischen Literaturberichtes (der nur bis
zum Kriegsbeginn reicht) zu ersuchen, noch die weitere Aufforderung fügen, sie
möge auch von jetzt an regelmäßig für unsere Zeitschrift referieren, was ihr
von russischer Literatur, soweit sie uns interessieren kann, bekannt wird.ad Budapest: Wie stehts, l. Ferenczi, mit unseren literarischen
Unternehmungen? Was macht das ungarische Tagebuch und die Traumdeutung, sowie
Deine anderen Werke? Groddeck hat Sachs bereits zum Referat übernommen!
ad London: Wir möchten Dich bitten, l. Jones, das neue Journal
of Neurology für unsere Zeitschrift als Tauschexemplar zu acquirieren!
Das Buch von Ralph: „Psychical Surgery“ hat keinen Verlag aufgedrucktes heißt
Copyright by Ralph, also offenbar Selbstverlag in Los Angeles, California.–
Der Professor meint, daß sich nicht nur das Buch über Margaret Fuller, sondern auch
das andere zugleich genannte über Mark Twain zum Ref. eignet. Bourgets „Anomalie“
besitzt der Professor be- reits. In einem kürzlich erschienenen Aufsatz über die
Psa. in der „Revue de Genève“ erwähnt Claparède auch ein früheres Buch Bourgets
„Nemesis“ (1918) als psychoanalytisch.–Wien: Reik ist am 1. Januar aus der Verlagstätigkeit ausgeschieden
und soll die bibliographische Zentrale von jetzt an selbständig führen. Der
Professor hat diese Stelle im Einverständnis mit dem Komitee geschaffen und
der Fond wird für die Kosten derselben aufkommen. Reik hat die Aufgabe 1. die
Literatur zu sammeln, 2. die Referate in Einvernehmen mit den Ref.Sekretären
der Gruppen zu verteilen und einzutreiben, 3. die Aufsicht über den Jahresbe-
richt, für den er verantwortlich sein wird.– In diesen Aufgaben ist er selbst– -
S.
selbstverständlich zu unterstützen und zwar zunächst durch einen Rundbrief, den die
Londoner Zentrale an alle Gruppen, resp. Referaten-Sekretäre richten soll und
im welchen von der Schaffung dieser neuen Stelle und ihrer Funktion Nach-
richt gegeben wird.– Wir ersuchen Dich, l. Jones, dieses Rundschreiben offiziell
zu verschicken und dabei mit allem Nachdruck auf die Notwendigkeit der Unter-
stützung dieser Aktion hinzuweisen.–Der Professor hatte zu Neujahr einen Brief von Marcinowski, der mit-
teilt, daß er und die anderen uns befreundeten Münchner Analytiker jetzt
definitiv aus der Seifschen Gruppe ausgetreten seien und sich zusammentun
in der Absicht, unsere alte Münchner Gruppe wieder herzustellen. Es handelt
sich um sieben engere Anhänger (darunter Hattingberg und Wittenberg u.a.),
die durch auswärtige Freunde, darunter Frau Lou Andreas verstärkt werden. Zu-
nächst suchen sich diese Leute aneinander anzuschließen und hoffen unter
Marcinowskis Führung bald wieder das Wiederaufleben unserer Münchner Gruppe herbei-
zuführen.–Aus der Wiener Gruppe haben wir die Wahl von Dr. Robert Hans Jokl (über
dessen ausgezeichneten Vortrag letzthin berichtet wurde) zu melden.–Ferner hatte ich (Rank) einen Brief von einem ehemaligen Patienten
aus Rom, der das intensive Interesse und auch gute Verständnis Prof. de Sanc-
tis um die Analyse rühmt, es wird darüber in der nächsten Zeitschrift-
nummer eine Notiz kommen.–Die italienische Übersetzung des Mythus von der Geburt des Helden
von Prof. Bianchini ist bereits im Druck, die Sexualtheorie folgt.–Ich (Rank) habe den Antrag einer großen Verlagsfirma (für Ferenczi:
Dr. Lazar vom Becsi Hirlap!) angenommen, eine kurze populäre Darstellung der
Psa. zu schreiben, die zunächst in ungarischer Sprache erscheinen soll (in ei-
ner Auflage von 3-6000), aber auch in eine Reihe anderer (National-) Sprachen
übersetzt wird, um die Analyse auch in den Ländern, in denen bisher überhaupt
keine psa. Literatur existiert, in richtiger Weise einzuführen; außerdem beab-
sichtige ich auch die Übersetzung in eine Reihe von Kultursprachen und habe
dafür schon einige gute Anknüpfungen getroffen.– Diesbezüglicher Rat und Emp-
fehlung von Übersetzern sind erwünscht.– Ich mache die Arbeit mit Storfer zu-
sammen, der mir den Antrag überbracht hat, der auch viel mehr journalistisches
Geschick hat als ich und mir außerdem die technische Mühe der ganzen Sache
(Diktat, Reinschrift etc.) abnimmt.–Mit herzlichen Grüßen
[Rank]