• S.

    Berlin 13. 5. 23  

    Liebe Freunde,  

    Wir hatten gegen Ende des vorigen Monats einen Brief ausser der  
    Reihe geschrieben und haben daher zunächst die Rückäusserungen ab­ge-  
    wartet, bevor wir den am 1. Mai fälligen Brief sandten. Wir durften dies  
    um so eher tun, weil Eitingon nach Wien fuhr und so eine Gelegenheit zu  
    direkter Besprechung bestand. Vor allem müssen wir heute unser grossen  
    Freude über die rasche Besserung Ihres Befindens, l. Herr Prof., Aus-  
    druck geben! Aus einer heute eingetroffenen Karte ersehe ich (A), dass  
    Sie sich auch in einer ganz zuversichtlichen Stimmung befinden. Und wei­  
    ter sind wir froh, bereits eine Übereinstimmung wegen der Zusammenkunft  
    erzielt zu haben.  

    Bevor wir auf die neu eingetroffenen Briefe eingehen, ist noch  
    einiges Frühere nachzutragen.  

    Von dem Schicksal des Saussure’schen Buches hat Eitingon schon in  
    Paris erfahren, aber nichts mitgeteilt, weil er den Vorgang als be-  
    kannt annahm. Wegen einer Indiskretion (durch Mitteilung einer  
    Traumanalyse) musste das Buch aus dem Buchhandel zurückgezogen werden.  
    Eitingon konnte daher auch in Paris kein Exemplar erhalten. Obige Dar-  
    stellung hatte Frau Sokolnicka direkt von Payot erhalten. Auch von Odier  
    hat E. nichts Näheres erfahren.  

    Wegen des 2. Bandes der Vorlesungen in russ. Übersetzung sucht  
    Eitingon Näheres zu erfahren und ein Exemplar zu erhalten.  

    Ferner teilt Eitingon mit, dass sich in Odessa einige ps-a inter­  
    essierte Ärzte zusammengefunden haben. Der Leiter der kleinen Vereinigung  
    ist Drosnés.  

    Mit Deinem Vorschlag, l. Otto, bezüglich der Mitteilungen unter  
    Ps-a Bewegung bin ich vollkommen einverstanden. Wenn also in Zukunft  
    etwas aus den Gruppen mitzuteilen ist, was im offiziellen Quartalsbericht  
    im Korr.-Bl. noch nicht mitgeteilt werden konnte, so machst Du davon in  
    der erwähnten Rubrik beliebigen Gebrauch.  

    Was Deine Anfrage, l. Sándor betrifft, so glaube ich, dass Radó  
    auch nach den Sommerferien noch eine Zeit lang wird hier bleiben müssen.  
    Wegen der ungar. Übersetzung habe ich ihm Deine Bitte bestellt. Aber  
    Du musst Dich nicht wundern, falls der Effekt nicht gross ist, denn die  
    Hemmung im Schreiben ist ja ein Hauptsymptom, wegen dessen er die Psa  
    aufgesucht hat. Also kann ich da nicht sehr dringlich werden. – Die  
    seinerzeitigen Auslagen für den Kranz hast Du inzwischen doch erhalten?  

    Nun zu den neuen Briefen! Es ist wahr, l. Otto, dass wir die Mit-  
    teilung von der Gesamtausgabe in den letzten Briefen nicht erwähnt haben.  
    Es ist uns allen schon zu einer Gewohnheit geworden, dem Verlag (d. h. Dir)  
    zu den verschiedensten Erfolgen zu gratulieren. Das allseitige Interesse  
    ist doch sicherlich vorhanden. Die Eile, in der man schreibt, gibt die  
    Gelegenheit zu solchen Unterlassungen, und irgend ein kleiner unkontrol­- 
    lierter Verdrängungsanlass mag dann auch seinen Spuk treiben, und zwar  
    bald hier bald da! Denn auch wir haben hier schon oft das Ausbleiben  
    einer Reaktion auf eine Mitteilung oder Anregung vermerkt. – Inzwischen

  • S.

    kam nun Dein Brief wegen der Subskription, an der sich Eitingon bereits
    betei- ligt hat. Sachs und ich werden baldigst Nachricht in dieser Beziehung 
    geben.

    Den Dank für die Zusendung von Ich & Es möchten wir hier noch 
    einmal aussprechen!

    Wegen des Manuskripts der Frau Dr. Bálint haben wir hier keine nähere
    Information. Vielleicht fordert Sándor sie nochmals zur Einsendung auf.
    Von Stärcke bin ich noch ohne Nachricht wegen seines Ästhe-
    tik-Bändchens.

    Eine schon nicht mehr erwartete Freude hatte ich kürzlich dadurch,
    daß mir ein Teil der englischen Übersetzungen der Klein. Beitr. zur
    Durchsicht zuging. Gleichzeitig ein Schreiben von Rickman wegen der ver-
    lags- technischen Fragen.

    Beim Kongreß in Oxford werde ich (A) mich entweder an einem Sym-
    posion als Referent beteiligen, oder ein selbstgewähltes Thema besprechen.
    Ich stehe deswegen mit Ernest in Korrespondenz. 

    Von hier ist mitzuteilen, daß unsre Kurse sich eines guten Be-
    suches erfreuen. Sachs hat im Kurs über Libidotheorie ca. 30 Hörer, 
    Abraham & Deutsch (spezielle Neur.-Lehre in Beispielen) über 40, Radó (theor. 
    Grundlagen der Psa) ca. 20, usw.

    Wir berichten nun wieder am 1. 6.!

    Mit herzlichen Grüßen

    Abraham    Eitingon    Sachs

    Lieber Otto,  

    ich stelle das Korrespondenzblatt so fertig, daß ich es Dir  
    vor Ende des Monats senden kann. Wenn ich keine Antwort  
    erhalte, nehme ich Dein Einverständnis an!  

    K.