S.

Berlin 4.2.23

Liebe Freunde,

 In erster Linie müssen wir heute Dir, l. Sándor, für die
prompte Erledigung unseres Wunsches danken, ich persönlich außerdem für
Deinen Brief über die Krankheit der bedauernswerten Frau Radó-Révész.
(Bitte teile uns doch bald mit, welche Auslagen Du hattest und auf
welchem Wege sich das Geld am besten übermitteln läßt!) Wir haben des
sehr beklagenswerten Falles in unserer letzten Sitzung auch offiziell
gedacht. R. kehrt in Kurzem hierher zurück. Er hat sich während seines
Hierseins allgemeine Sympathien erworben, hat zu unsern Diskussionen
Gutes beigetragen. Mit dem Verlauf seiner PsA war ich sehr zufrieden.

Wir hatten kürzlich unsre Jahresversammlung. Ein Teil der
Traktanden mußte auf einen zweiten Abend verschoben werden, da einige
Mitglieder allerhand formalistische Schwierigkeiten machten. Der bisher
rige Vorstand wurde wiedergewählt, dazu als zweiter Schriftführer Boehm.
Von letzterem wurde ein Antrag eingebracht, monatlich von jedem Mitglied
4 % seines Einkommens zu erheben, um die Poliklinik zu fördern und auszu-
bauen. Der Antrag ist jedenfalls gut gemeint, aber sehr gründlicher
Beratung bedürftig, die in einer Kommission geschehen wird.

In der nächsten Sitzung spricht einer unserer ständigen Gäste,
cand. med. Rohr, über die Symbolik der chinesischen Schrift und Sprache.
Als Gast erwarten wir Prof. Song Nien Chang, der an der Universität
Peking Philosophie lehrt. Dem Vernehmen nach besitzt und kennt er Ihre
gesamten Werke, l. Herr Prof., in deutscher und englischer Sprache und
ist so interessiert dafür, daß er mit Rohr eine chinesische Über-
setzung vorbereitet. Das ist nicht leicht, weil neue Wörter geschaffen
und natürlich auch die Schriftzeichen dafür erfunden werden müssen.
´Wir sind in der Lage, Ihnen und dem Komitee das „Ubw“ auf Chinesisch 
vorzustellen. Nach einem Vorschlag von Rohr, den Prof. Chang acceptiert 
hat, wird das Ubw mit „Herz-Kraft“ übersetzt. Herz ist im Chinesen der
Ausdruck für alles nicht Rationelle. Die Schriftzeichen sind folgende:

   
    hsin     li
    Herz     Kraft

Wir hoffen, daß es gelingen wird, eine ständige Verbindung
mit Prof. Ch. anzubahnen und werden nächstes Mal Weiteres berichten.

Deinen Brief, l. Otto, wegen der „Kindersammlung“ bestätige ich
(A) dankend. Leider vermisse ich die so dringend erbetene Nachricht, ob
bei Dir noch ungedruckte Gruppen-Quartalsberichte lagern, spez. ein sol-
cher über das letzte Qu. von Bryan. Ich bitte nochmals um Zusendung oder 
im negativen Fall um Nachricht! Der letzte Bp.-Bericht reicht nur bis 
Mitte November. Ist im 4. Quartal nichts weiter gewesen? Ich bitte Dich l.
Sándor, oder durch Dich den neuen Schriftführer um mögl. rasche Erledigung.

                                        Mit freundlichen Grüßen

  [handschriftlich:]  Mit herzlichsten Grüßen       Abraham       Eitingon       Sachs