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Seefeld, am 16. August 1922
Liebe Freunde!
Die Anwesenheit Abrahams, der heute auf der Durchreise hier war, ver-
anlaßte uns, das Resultat unserer Besprechung, die hauptsächlich
dem Kongreß galt, in Form eines Rundbriefes mitzuteilen, der ver-
mutlich den in Aussicht genommenen Rundbrief vom 1. September – wenig-
stens von unserer Seite – überflüssig machen dürfte.Wir, d. h. Abraham, Ferenczi und ich (Rank) haben zunächst auf
Grund eines bereits vorliegenden Entwurfes von Eitingon eine Vortrags-
ordnung für den Kongreß ausgearbeitet, so gut dies ohne die kurzen
Autoreferate, die eine Ahnung vom Inhalt der Themata geben sollten,
möglich war. Vielleicht wird sich auf Grund einer solchen Inhaltskennt-
nis (sowie durch event. Absagen) das Programm noch etwas verschieben,
doch sind wir drei im ganzen darüber einig geworden, daß unser Vorschlag
den verschiedenen Anforderungen und Rücksichten (sachlicher, nationaler
und persönlicher Natur) gerecht wird, so daß wir hoffen, er werde auch
die Zustimmung von Dir l. Ernest und Dir l. Eitingon finden (übrigens:
wir haben heute hier beschlossen, dem vertraulichen Du auch allgemein
unter uns den Ruf beim Vornamen hinzuzufügen, was ohnehin einige unter
uns schon tun).Bei dieser Gelegenheit des Kongreßprogrammes können wir nicht
umhin, die scheinbar mangelhafte Organisation in London zu kritisieren
(„es scheint, daß diese Rolle schliesslich doch immer auf mich fallen
muß“). Eitingon beklagt sich mit Recht bei mir, daß er aus London die
dorthin ergangenen Vortragsanmeldungen nicht ordentlich weiter erhal-
ten hat und daß er auch die „nach London vermutlich gelangten Inhalts-
angaben nicht zu Gesicht bekommt, auf Grund deren er das Programm zu-
sammenstellen sollte“. Er ist so durch eine zeitraubende und in der
Ferienzeit ziemlich unfruchtbare Korrespondenz mit den Ortsgruppen
verurteilt, „während er doch eigentlich das fertige Kongreßprogramm
von London aus erhalten sollte“. (Das soll natürlich nicht heißen,
daß wir unsere Befragung als Beschwerde empfinden). Wir haben den
Eindruck, daß diese ganze ärgerliche Verwirrung Flügels Schuld ist,
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der als Sekretär endlich einmal eine Arbeit zu leisten hatte und sich
ihr einfach entzog, indem er den August über in Finnland unerreichbar
ist, ohne einen entsprechenden Vertreter mit der Erledigung der geschäft-
lichen Agenden betraut zu haben. Dir, l. Ernest können wir es natürlich
nicht verdenken, daß Du Dich nicht mit seiner Arbeit auch noch beladen
kannst.Für die Geschäftssitzung habe ich vorläufig das vorgemerkt, das
uns hier bekannt war. Du, l. Ernest wirst ja gerade dieses Programm
besonders aufmerksam und wenig zeitraubend zusammenstellen müssen.In der Komitésitzung werden ja alle die Punkte der Gesch.-Sitzung von
uns vorbereitet werden müssen. Außerdem haben wir aber nur für
die Komitésitzung noch Folgendes vorläufig notiert:Stellung zu Adler (Vorschlag Ferenczi)
Press-Angelegenheiten
Fond-Angelegenheiten (Geldbeschaffung)
Gründung eines Seminars in Wien
Preise.Die Komitésitzung soll Samstag den 23. Sept. stattfinden.
Am 24. (Sonntag) Nachmittag soll eine nicht offiziell, zwanglos private
Zusammenkunft (Jause) aller Ortsgruppenpräsidenten und event.
auch der Sekretäre folgen (also eigentlich ein um Emden, Ophuijsen,
Oberholzer ev. Pfister vermehrtes Komité).
Sonntag abends ist Empfang im Kongreßlokal.
Am 28. September soll noch eine kleine Nachsitzung des Komitees sein.Soviel haben wir heute hier ausgekocht – bei einer Temperatur von
5 Grad und tiefem Neuschnee.Mit herzlichen Grüßen im Namen von uns Dreien
Rank