S.
Antwort auf: Be, Bu, 3, L. 2. Wien Nr. 3
1. Februar 1921
Liebe Freunde!
Der diesmalige Bericht fällt etwas kurz aus, da verhältnismäßig
wenig vorgefallen ist.
Den Todestag des lieben Toni haben wir nicht zum Anlaß einer
Sitzung genommen, weil ihn nur so wenig unserer Wiener Mitglieder gekannt
haben, aber wir beide haben ihn nicht vergessen.
Ad Berlin: Deinen hübschen Beitrag, lieber Abraham, werden wir gerne
in Imago veröffentlichen. Die Bürstenabzüge des russischen Referates werden
Dir zugehen und wir ersuchen Frau Dr. Neiditsch durch Dich, die ihr be-
kannten Ergänzungen vorzunehmen. Übrigens gibt es in Berlin ein Institut,
welches sich mit der Sammlung russischer Literatur beschäftigt. (Adresse
folgt unten); vielleicht setzt Ihr euch damit in Verbindung.
Ad Budapest: Über Deine Nachrichten, lieber Ferenczi, haben wir uns
sehr gefreut. Bedauern nur, daß wir Deine ungarischen Werke vorläufig nicht
verlegen können. Für Deine Informationen in der Sache L. und St[orfer] besten Dank.
Ich werde es natürlich nach Deiner Aufklärung an der nötigen Vorsicht
nicht fehlen lassen. Für die amerikanischen Zeitungsausschnitte danken wir,
sie gehen mit diesem Brief an Jones, der gebeten wird, sie via Berlin wieder
in unser Archiv zurückgelangen zu lassen.
Ad London: Über die mit der Diplom- und Mitgliederaufnahme zusammenhän-
genden Fragen beabsichtigen wir am 11. Februar eine besondere Sitzung abzu-
halten. Über deren Ergebnis wir wunschgemäß an Flügel berichten werden.
(Wird er um diese Zeit in London sein? Der Professor hat gehört, daß er in
die Schweiz reisen will.) Über Bourget werden wir gelegentlich von einem
unserer französischen Referenten referieren lassen. Was meinst Du mit den
französischen „Artikeln“, die Du uns gesandt haben willst? Ich weiß nur
von einigen Titeln, welche bereits in die französische Bibliographie auf-
genommen wurden.
Wien: Kola, auf dessen Einladung wir jetzt warten, hat merkwürdiger-
weise noch nichts von sich hören lassen. Dagegen haben wir vorläufig bei
einem mir bekannten Verleger Unterkunft in seinen Verlagslokalitäten gefun-
den, wo uns auch dessen Personal zur Verfügung steht, was immerhin einige
Erleichterung mit sich bringt. Der Vorteil ist, daß der Mann ständig in
Berlin lebt und uns die Benutzung kostenlos einräumt, wogegen er von mir
eine Mitaufsicht über seinen Betrieb erwartet. Die 1. Nummer der Zeitschrift,
die sich durch den Poststreik einigermaßen verzögert, dürfte erst nach
Mitte Februar erscheinen können; es ist die letzte Nummer, die in Teschen ge-
druckt wird, wo die Zeitschrift seit ihrem Bestehen hergestellt wurde. Sie
wird von nun an in Wien gedruckt, was natürlich eine wesentliche Vereinfa-
chung und Beschleunigung bedeutet. In der 2. Nummer werden von Kongreß-
vorträgen Binswanger, Hug-Hellmuth und Groddeck erscheinen, während Stärckes
erweiterter Vortrag als nächstes Beiheft gebracht werden soll. Von Ein-
läufen ist nichts, außer einem Manuskript von Winterstein über die attische
Tragödie zu melden, das der Autor in Buchform publizieren möchte; das Manus-
kript ist noch ungelesen. Den Mythus von der Geburt des Helden, der seit
einiger Zeit vergriffen war, will Deuticke in 2. Auflage erscheinen lassen;
ich habe bereits mit der Arbeit begonnen und hoffe, das Buch um einige nicht
uninteressante Gesichtspunkte bereichern zu können.
Mit herzlichen Grüßen
Freud Rank