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Berlin, 21. VIII. 08
Lieber Herr Professor,
Es geht nun vorwärts! Am 27. wird die Berliner Psychoanalytische Vereinigung zum ersten Male tagen. Folgende Herren (nur Ärzte) werden zunächst teilnehmen: Hirschfeld, Iwan Bloch, Ju- liusburger und KoerberA (Vorsitzender des Monistenbundes). Ich glaube, es werden rasch noch einige hinzukommen. Besonders Dr. Juliusburger ist sehr eifrig; er ist Oberarzt einer Privatanstalt und führt trotz des Widerstandes seiner Chefs die Psychoanalyse ein. Nun habe ich verschiedene geschäftliche Fragen. Mit dem Referat Ihrer Schriften für das Jahrbuch bin ich fertig. Soll ich das Manuskript jetzt senden, oder lieber im Oktober? – Ich nehme jetzt die sonstigen Referate vor. Wie soll ich mich zu Friedländer
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verhalten? Seine eine Publikation ist ein polemisch gehaltenes Sammelreferat und kommt deshalb nicht in Betracht. Die andere aber fußt auf eigenen Beobachtungen, ist aber trotzdem durchaus ablehnend. Ich glaube, diese doch referieren zu sollen (ohne selbst polemisch zu werden). Sind Sie auch dieser Ansicht? Ferner: meine ersten Arbeiten über sexuelle Traumen habe ich in der Schweiz veröffentlicht. Gehören sie als Arbeiten aus der Zürcher Klinik nun in Jungs Bereich, oder soll ich sie mit meinen späteren Arbeiten zusammen referieren? Darf ich noch fragen, was das Jahrbuch außer Referaten und Ihrem kasuistischen Beitrag noch sonst bringen wird? Ist eventuell noch Raum für Originalartikel, oder ist die erste Lieferung schon komplett? Endlich noch eine Frage wegen des Mythus, der doch im September erscheinen soll. Sie schrieben mir vor längerer Zeit, Deuticke würde sich noch mit mir in
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Verbindung setzen. Außer den Korrekturen habe ich nichts von ihm erhalten. Ich weiß daher gar nicht, ob noch irgendwelche Abmachungen zwischen dem Verleger und mir stattfinden müssen, oder ob Sie bereits alles erledigt haben. Meine Arbeit über Sexualität und Alkoholismus ist soeben erschienen, doch habe ich die Separata noch nicht. Inzwischen habe ich aus der Psychoanalyse bei einem Kollegen sehr Interes- santes über die sexuelle Grundlage des Schlafmittelgebrauchs erfahren. Bei diesem Pat. ist das Narkotikum ein Ersatz für die mühsam abgewöhnte Masturbation; die Analogie geht bis in die feinsten Details. Die Entwöhnung von den Schlafmitteln trifft auf große Widerstände. Eine schöne Bestätigung meiner Ansicht brachte er mir heute: Nach zwei schlafmittelfreien Nächten kam ihm plötzlich der
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infantile Drang zum Lutschen wieder! – Die Praxis ist jetzt im Sommer sehr still, befriedigt mich aber wissenschaftlich und therapeutisch sehr. Einen überaus schönen Erfolg habe ich bei einem Ehepaar erzielt, ich teile Ihnen gelegentlich vielleicht etwas mit. Mit herzlichen Grüßen für Sie und die werten Ihrigen Ihr ergebener
Karl Abraham
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Dietfeldhof
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