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    [Briefkopf III Berlin] 1. XII. 12.

    Lieber Herr Professor,

    Nachdem eine Woche seit der Münchener Konferenz vergangen ist, sind auch Sie hoffentlich zu dem Resultat gekommen, daß das Gesamtergebnis ein günstiges war. Die Befreiung von Stekel hat das Gute mit sich gebracht, daß der Riß zwischen Wien und Zürich sich verkleinert hat. Wenn ich, wie ich hoffe, in einigen Wochen zu Ihnen komme, läßt sich vielleicht noch manches mehr darüber sagen, als die knappe Zeit in M. es gestattete. Heute muß ich Ihnen nun, so ungern ich Ihre Zeit in Anspruch nehme, mit zwei Bitten kommen. Am Donnerstag haben wir Sitzung, in der ich über die 

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    Zentralblatt-Sache berichten muß. Da nun Stekel inzwischen weitere Versuche gemacht hat, die Angelegenheit in seinem Sinne zu drehen, so möchte ich recht genau informiert sein, um alle Anfragen glatt erledigen zu können. Zwei Punkte, die in M. zur Sprache kamen, sind mir nun nicht mehr ganz genau erinnerlich: 1.) worin Bergmanns Kontraktbruch besteht. 2.) inwiefern Stekel die Züricher Abfallsgelüste ausgebeutet hat. Darüber hätte ich gern noch Auskunft. Wenn sich beides nicht ganz kurz beantworten läßt, beauftragen Sie vielleicht Dr. Rank damit, mir das Nötige zu schreiben. Nun die andre Bitte. Solange Ziehen die hiesige Professur hatte, konnte ich dem lange gehegten Plan der Habilitation nicht näher treten. Der jetzige Ordinarius,

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    Bonhoeffer, ist persönlich viel angenehmer. An ihn habe ich eine sehr gute Empfehlung durch Prof. Liepmann. Durch Ihre Erzählung weiß ich jetzt, daß Kraus unsrer Sache mehr und mehr Sympathie entgegenbringt. Wenn Bonhoeffer und Kraus für mich eintreten, so wären die Chancen nicht ganz schlecht. (Der Antisemitismus der Fakultät bleibt natürlich als Hindernis bestehen.) Meine Bitte ist nun, Sie möchten Kraus ein paar empfehlende Worte schreiben, damit er informiert ist, wenn Bonhoeffer an ihn herantritt. Was mich veranlaßt, die schon begraben gewesenen Habilitations-Pläne wiederaufzunehmen, ist neben dem zu erwartenden Nutzen für die Praxis vor allem die Hoffnung, bei den Studenten das Interesse für unsre 

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    Sache zu erwecken, welches ich bei den Ärzten bisher nicht erwecken konnte. Ich danke Ihnen, lieber Herr Professor, im voraus für Ihre Güte. Alles Weitere spare ich für mündliche Mitteilung auf. Mit den herzlichsten Grüßen für Sie und die Ihrigen, auch von meiner Frau Ihr ergebener Abraham