[Briefkopf III Berlin] 11. 2. 14. Lieber Herr Professor, Mit dem Jahrbuch scheint alles glatt zu gehen; ich hoffe, die Referenten werden alle prompt liefern. Sadgers Referat ist schon eingelaufen. Ich selbst arbeite noch am »Schautrieb«, hoffe in acht bis 14 Tagen fertig zu sein und gehe dann an mein Referat. Wir hatten vor einigen Wochen eine sehr befriedigende Sitzung unsrer Gruppe mit vier Referaten zur Jung-Angelegenheit. Es herrscht beste Einigkeit; Stockmayer verhielt sich sehr anständig, d.h. gab das Hauptreferat rein sachlich. Jedenfalls stört er nicht. Ich glaube, falls es in den nächsten Monaten irgendeine Aktion gibt, mich auf unsre Gruppe ganz verlassen zu können. Irgendwas muß ja doch bald geschehen; ich persönlich möchte noch lieber als die Zürcher die Münchner hinauswerfen. In dieser trüben Zeit heute ein wirklicher Lichtblick. Renterghem schickt mir eine Zeitung mit einem ausführlichen Bericht über die Rektoratsrede des Leidener Psychiaters Jelgersma. Da Sie vielleicht noch nicht davon wissen, will ich Ihnen kurz referieren, daß J. (NB. der angesehenste Psychiater in Holland) die Traum-

und Neurosenlehre in vollem Umfang akzeptiert, sie für eine große Errungenschaft erklärt, sich auch ganz für die Sexualität einsetzt und am Schluß von dem gewaltigen Eindruck spricht, den auf ihn die Wiederentdeckung des Ödipus-Komplexes gemacht habe. Alles in allem ein sehr gründliches Referat und eine uneingeschränkte Anerkennung ohne jede Klausel. Ich habe sofort einen kurzen Auszug aus dem holländischen Bericht an Ferenczi gesandt und ihm vorgeschlagen, Jelgersma um die Erlaubnis zur Übersetzung seiner Rede für die Zeitschrift zu bitten. Ich fange allmählich an, an Sommerpläne zu denken. Leider wird für uns das von mir über alles geliebte Engadin außer Betracht fallen, da dort spinale Kinderlähmung grassiert, vorigen Sommer auch sehr viel Scharlach. Vielleicht hätten Sie irgendei- nen Süd-Tiroler Vorschlag? Wir sind zu allem bereit. In Eile mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus Ihr Abraham