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    [Briefkopf III Berlin] 23. VII. 14 Lieber Herr Professor, Nun bin auch ich so weit, daß ich unter Ächzen die letzten Arbeitstage absolviere. Sonntag früh geht’s in die Ferien. (Adresse: Brunshaupten i/Mecklenburg, Hotel Dünenhaus.) Die beiden Briefe befinden sich in Zirkulation. Putnam könnte sachlich mehr sagen; seine Äußerung ist dennoch wertvoll, weil sie zeigt, daß unsrer Organisation in Amerika keine Gefahr droht. Maeders Brief ist immerhin verbindlich im Ton; der belehrende Hinweis auf die Typen, rectius Rassenunterschiede, wird durch seine Wiederholung nicht intelligenter. Es ist ein be- quemes Faulbett; denn in dieser Position ist man ja unangreifbar. Das mir von Maeder avisierte Manifest ist noch nicht angelangt. Seif hat auf mein Schreiben überhaupt nicht geantwortet (innerhalb 14 Tagen). So wären wir immer noch auf die Indizien angewiesen, die eine Nichtbeteiligung der Zürcher am Kongreß vermuten lassen, wenn nicht das Einladungszirkular bereits ein paar charakteristische Reaktionen hervorgerufen hätte.

     

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    Von Stockmayer kam ein unterstrichenes »Nein«. (St. hat sich sehr merkwürdig benommen. Seit unsrer Jung-Debatte in der Januarsitzung ist er nicht mehr zu den Sitzungen erschienen und hat auch alle persönlichen Beziehungen abgebrochen. Ich höre, daß er von Berlin fortgeht.) Seine Absage ist sicher nicht auf eigne Faust erfolgt, sondern ein Symptom für das Nichterscheinen der Schweizer. Von Zürich ist noch keine Antwort da, doch hatte ich ja dorthin erst zwei Tage später versandt. Nur ein in Deutschland lebendes Zürcher Mitglied sandte eine Karte mit Nein. Von München – die Gruppe hat elf Mitglieder – haben drei geantwortet. Ludwig kommt; er ist aber stets bei den entgegengesetzten Parteien gleichzeitig. Boehm, ein neues Mitglied, kommt ebenfalls. Gebsattel, der ein bißchen Outsider ist, kommt wahrscheinlich. Vorträge meldeten an (außer Ihnen): Ferenczi (Hauptreferat und außerdem Vortrag über etwas aus der infantilen Sexualität), Rank, Jones mit vorbehaltenem Thema; Frau Dr. Stegmann (»Erforschung der bildenden Kunst und Literatur auf Grund formaler Psychologie«. Könnten Sie sie nicht davon abbringen? Wir treiben doch keine formale Psychologie. Das Thema läßt den Größenwahn auch hübsch erkennen). Ferner Liebermann (Mutterleibsphantasien), Reik (Seelenwanderungsglauben),Abraham (Ejaculatio praecox).

  • S.

    Das Erscheinen eines französischen Werkes über Psychoanalyse ist ein gutes Zeichen. Noch besser ist die neue Auflage der Traumdeutung als Zeichen zu verwerten. Haben Sie herzlichen Dank für die Zusendung des Exemplars! Ich hoffe, in den Ferien darin lesen zu können. Und zugleich meinen Glückwunsch! Dubois schreibe ich einen vorläufigen aufschiebenden Be- scheid. Ich werde Jones, unsern Kongreß-Missionar, anfragen, ob er nach Bern geht und ihn um eventuelle Vertretung bitten, sonst eventuell Binswanger. Frau Hirschfeld habe ich im Hotel besucht. Sie spricht davon, in Berlin zu bleiben. Ich war überrascht, von ihr zu hören, daß sie die Disposition zur Zwangsneurose ist. Ich bleibe mit meiner Frau und Kindern bis zum 3. August in Brunshaupten, fahre dann nach Bremen, bin am 7. August wieder hier und expediere dann mit Eitingon die definitiven Kongreßprogramme. Am 9. oder 10. fahren wir nach Tirol. Wie wir uns einrichten, werde ich mit meiner Frau noch besprechen. Ich danke Ihnen von Herzen für Ihre freundliche Gesinnung und bin mit der Deutung des September-Mißverständnisses sehr einverstanden! Ob wir direkt nach Seis fahren

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    oder irgendwo eine Fußwanderung beginnen, die uns nach Seis führt, wissen wir noch nicht. Jedenfalls werden wir Sie, lieber Herr Professor, nach Möglichkeit zur Arbeit anhalten! Würden Sie mir gelegentlich noch sagen, ob für den 10. August in Seis Zimmerbestellung noch unbedingt nötig ist? Die deutschen Ferien gehen gerade dann zu Ende, und ich meine, man sollte dann gut Platz bekommen. Nach dieser ausgiebigen Störung Ihres Kurplanes kann ich nur noch für Sie und Ihre Gattin die herzlichsten Grüße hinzufügen. Mit der Bitte, mich bei nächster Gelegenheit auch über das Befinden Ihrer Schwägerin zu orientieren, Ihr Karl Abraham