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    [Briefkopf III Berlin] 15. 5. 14 Lieber Herr Professor, In meinem letzten Brief bin ich auf Ihren leidenden Zustand gar nicht recht eingegangen; ich glaubte, es sei nichts Erhebliches. So geht es einem, wenn man durch eigne Beschwerden narzißtisch eingeengt ist. Nun beeile ich mich, den Glückwünschen Ihres Arztes aus vollstem Herzen zuzustimmen. Ich hoffe, bei nächster Gelegenheit von Ihnen zu hören, daß Sie mit sich und Ihren Leistungen wieder ganz zufrieden sind – bei den Ansprüchen, die Sie an sich stellen, wäre mir das das Beruhigendste. Inzwischen wenden Sie vielleicht das Motto, von dem Sie mir schreiben, ein bißchen auf Ihre Gesundheit an! Denn ein Grund zur Schwarzseherei scheint doch wirklich nicht vorhanden zu sein. Was die Präsidialfrage betrifft, so stimme ich Ihnen vollkommen zu. Nur daß mein Vorschlag betr. Ihr Ehrenpräsidium nach »a.D.« schmeckt, will mir nicht einleuchten, weil er Sie doch gerade wieder zum aktiven Leiter unsrer Kongresse machen will. Daß ich Sie am liebsten überhaupt als Präsidenten sähe, bedarf ja nicht erst der Versicherung. Die Frage wird

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    im engen Freundeskreis gewiß die beste Lösung finden. Riklin, von dem ich einiges Material betr. den verflossenen Kongreß erbat, antwortete mir mit beiliegendem Schreiben, das ich gelegentlich zurück erbitte. Ich habe ihm sogleich geantwortet, natürlich in verbindlichster Form. Ich setze alles daran, daß sich der briefliche Verkehr in ruhiger Form abspielt, damit von meiner Seite nichts die Lage verschärft. Nehmen die Schweizer noch am Kongreß teil, so sollen sie nichts in Händen haben, was sie uns ankreiden können. Dieser Brief, lieber Herr Professor, erfordert keine Beantwortung! Also machen Sie sich keine unnötige Mühe, gerade in dieser Zeit. Ich will meine letzten Mitteilungen noch dahin ergänzen, daß ich einen kleinen Aufsatz »Über die Beziehungen zwischen Nahrungstrieb und Sexualtrieb« in Arbeit habe. Die »Zeitschrift« soll doch auch nicht ganz ohne Beiträge von mir sein. Wegen der Sommerpläne weiteres, sobald ich es selber weiß! Gelegentlich wüßte ich gern, wann Ihre Ferien beginnen; Mitte Juli oder später? Mit herzlichen Grüßen und Wünschen Ihr Karl Abraham