-
S.
[Briefkopf Wien] 25. X. 18
Lieber Herr Doktor
Der vierte Band der ‚Sammlung‘ ist in allen Korrekturen längst abgeschlossen und könnte von mir aus heute oder morgen erscheinen. Ich weiß nicht, warum es nicht der Fall ist. Vielleicht fehlt es noch an Papier.
Der beigelegte Erlaß in Sachen der Behandlung der Kriegsneurotiker hat mich sehr interessiert. Die praktische Engherzigkeit darin ist doch auch nicht zu verkennen. Vielleicht, daß Sie mit den zukünftigen psychoanalytischen Stationen doch selbst zu tun bekommen. Ich weiß, daß Ferenczi jetzt in Budapest darum kämpft.1
Die Zeiten sind entsetzlich spannend. Es ist gut, daß das Alte stirbt, aber das Neue ist noch nicht da. Wir warten auf eine Nachricht aus Berlin, die den Anfang dieses Neuena verkünden soll.2 Ich weine übrigens weder dem Österreich noch dem Deutschland eine Träne nach.
Ist es richtig, daß Sie infolge des Reiseverbots Ihre Frau auf längere Zeit entbehren müssen?
Ernst geht am 28/X nach München.3
Herzliche Grüße! Ich höre bald wieder von Ihnen?
Ihr Freud
a Vermutlich korrigiert aus: Neues.
-
S.
Berggasse 19
Wien 1090
Österreich
C22F5