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[Briefkopf Wien] 27. X. 1931
Lieber Max
Ich freue mich, daß Ihr Bericht über die Feier in Freiberg sich so vollkommen mit den Erzählungen der Meinigen deckt. Es muß also wirklich hübsch gewesen sein. Ich stelle mir nach einigen Andeutungen vor, daß die guten Freiberger in Unkenntnis meiner Stellung in der Welt sich einen überreichen Besuch aus aller Herren Länder erwartet hatten. Jedenfalls waren sie so taktvoll, sich nichts anmerken zu lassen. Anna hat mir ein riesiges Stück Grünzeug mitgebracht, auf dem ich nun ausruhen darf.
Martin hat Ihnen wahrscheinlich von den Bemühungen Storfers erzählt, den Verlag in eine solche Situation zu bringen, daß er seinen Abgang nicht überleben kann. Vielleicht muß man wirklich etwas dagegen tun.
Ferenczi hat sich auch bei mir angekündigt. Ich erwarte ihn für morgen, wollte aber den Brief an Sie nicht aufschieben.
Pichler arbeitet immer noch an meinen Prothesen und wird mir hoffentlich etwas Erträgliches machen können. In der Reihe der kleineren oder größeren Beschwerden meines Alters gibt es – bald sagte ich: natürlich – keine Pause. Ihre Sendungen habe ich dankend erhalten, habe noch Raum für mehr. „I won’t be plucked of my feathers“, hat in einer zum Verzicht auffordernden Lage Lord Bacon gesagt.1
Mit herzlichem Gruß für Sie und Mirra Ihr
Freud
Im Bericht der ‚N[euen] Presse‘2 heißen Sie Dr. Alteigen.
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