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    [Briefkopf Wien] 15. 2. 20.a

    Lieber Herr Doktor

    Oli ist glücklich zurückgekehrt, ermüdet vom Transport der Güter, mit denen Sie ihn beladen haben. Aus einer Andeutung von ihm erfuhr ich, daß Sie eine andere Photographie von mir wünschen, und in der Ratlosigkeit, in der man sich Ihnen gegenüber befindet, habe ich zwei verschiedene Varianten, die Sie nicht besitzen, durch ihn an Sie abschicken lassen.

    Ich hoffe, mein Telegramm zur Eröffnung der Poliklinik ist angekommen. Es mußte so pythisch1 klingen, weil Oli mir Angst machte, Begrüßungen würden in Deutschland nicht befördert. Ich kann mir denken, daß das Fest sehr stimmungsvoll war. Gerne wäre ich unter anderen Verhältnissen dabei gewesen, aber eine Familienabordnung war doch zugegen. Es ist eine schöne Leistung von Ihnen, geräuschlos und vorsorglich nach Ihrer Art vollbracht.

    Unsere Arbeiten sind noch immer sehr gehemmt. Kein Papier, Rank ist nicht wohl. Ich arbeite kräftig, soweit die Beantwortung von Kondolenzen Zeit dazu läßt. Mein Tiergarten umfaßt jetzt einen Amerikaner und einen Engländer, ein zweites Exemplar letzterer Art ist für Anfang April vorgemerkt.2 Lieferant ist Jones.

    Das interessanteste Beispiel von hoch sublimiertem Widerstand hat kürzlich Havelock Ellis in einem Essay ‚The psychoanalysis in relation to sex‘3 gegeben.

    Ich grüße Sie und Ihre liebe Frau herzlich

    Ihr Freud

     

    a Eilbrief.