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S.
[Briefkopf Wien] Grundlsee
26. 8. 1930
Lieber Max
Wir freuen uns auf Ihren Besuch am 6./7. Sept. An einem schönen Tag wie heute ist es hier zauberhaft.
Sonntag hat Stadtrat Dr. Michel Diplom und Preis überbracht. Ein noch junger, charmanter, liberal denkender Mann. In seiner Begleitung befanden sich seine Frau und – merkwürdigerweise! – die Frau des kleinen Hans, der jetzt Kapellmeister in Frankfurt ist.1 Der Oberbürgermeister der Stadt, Dr. Landmann, ist ein beiderseitiger Jude, obwohl getauft. Das erklärt doch manches.
Mirra lasse ich für ihre Absicht2 herzlich danken. Aber die vornehme Blüte verträgt den Transport sehr schlecht. Ihr Elfenbeinweiß wandelt sich rasch in Gelb. Also es wäre schade.
Mit der Prothese gibt es viel Anstände, es scheint die Schuld der Schwellungen im Gebiet und der Eiterung in der Nase zu sein.
Mit meiner Mutter steht es schlecht, wir sind froh, daß sie mit Hilfe von Federn lebend von Ischl nach Wien gekommen ist.3
Herzliche Grüße für Sie beide!
Ihr Freud
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S.
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Grundlsee 8993
Österreich
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