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S.
[Briefkopf Wien] 16. 9. 26
Lieber Max
Eben Ihre Sendung der Ferenczischen Rank-Kritik erhalten. Etwas enttäuscht, sie scheint mir nicht nur maßvoll – das ist ja recht –, sondern matt, besonders im entscheidenden Punkt, der Abweisung der Wolfstraumdeutung. Zuviel Gewicht auf den Umstand, daß die Zahl der Bilder an der Wand nicht stimmt, zu wenig auf die Sicherheit, daß der Traum wirklich ein infantiler ist. D. h., es wird ja gesagt, aber nach meinem Urteil nicht ordentlich ins Licht gesetzt. Auch ist es eine überflüssige Konzession zu sagen, daß wir die Bedeutung der analytischen Situation vor R. unterschätzt haben.1 Ich sollte meinen, unter dem alten Namen „Übertragung“ wäre sie genug gewürdigt worden. Das Spiel mit der Umdeutung des anderen Traumes scheint auch mir bedenklich wie Ihnen.
Indes, Ferenczi schifft sich am 23. ein,2 es ist nicht der richtige Weg, sich Kritiken zu bestellen. Ich schlage vor, ihm keine Abänderungen aufzuerlegen und es so, wie es ist, abzudrucken. Die Ablehnung des R[ank]schen Buches scheint mir so allgemein, daß die offizielle Aktion nicht schärfer zu sein braucht.
Wenn ich richtig verstehe, brauche ich die Blätter nicht an den Verlag zu schicken.
Herzlichen Dank,
auf baldiges Wiedersehen!
Ihr Freud
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S.
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